Abkehr demokratischer Grundwerte!

Ja, wir leben in einer Demokratie!

Genau deshalb erscheint dieses politische Vorgehen in der Pandemie vonseiten des Bundesinnenministeriums (BMI), eher wie eine Blaupause eines diktatorisch geführten Staates.

Eine Woche vor der Bundestagswahl war ich überrascht, warum auf Nachfrage, so gut wie niemand diese Ungeheuerlichkeit registrierte. Es im ganzen Wahlkampf in keiner Talk-Runde angesprochen wird. Auch nur einige Medien ausführlich über dieses Vorgehen des BMI berichteten. Und deshalb es auch nicht verwundert, weshalb es zu keiner breiten gesellschaftlichen Diskussion über die Vorgänge im CSU-geführten Seehofer Ministerium gekommen ist. 

Immerhin wurde hier zum Zwecke der Angsterzeugung der Bevölkerung, eine Kommunikationstechnologie eingesetzt, wie sie in autoritären Strukturen und Staaten verwendet werden! Wer Angstmechanismen benutzt, um politische Maßnahmen durchzusetzen, entfernt sich dramatisch von demokratischen Grundwerten! Er beweist nicht nur seine Unfähigkeit, politische Entscheidungen in der Sache zu erklären um die Bevölkerung zu überzeugen, sondern entlarvt eine negative Haltung gegenüber uns mündigen Bürgerinnen und Bürgern. Streut Misstrauen und ist dadurch mitverantwortlich an einer gesellschaftlichen Spaltung, wie wir sie heute schon sehen!      

Hintergrund ist ein „Geheimpapier“ aus dem Bundesministerium des Innern vom März 2020, in dem detailliert dargelegt wird, wie eine Schockwirkung gegenüber der Bevölkerung ausgelöst werden muss. Die in dem Papier aufgelisteten Horrorszenarien sollten Angstmechanismen in Gang setzen, mithilfe derer politische Maßnahmen leichter legitimiert werden konnten. Soziologisch betrachtet, handelt es sich dabei um eine gezielte Manipulation der Bevölkerung!

Eine Klage der Rechtsanwälte HÄRTING, die sich auf das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) bezog, erwirkte vor dem Verwaltungsgericht Berlin die Offenlegung des Papiers. Erst über den Klageweg gab das Robert-Koch Institut (RKI) (das dem Gesundheitsministerium und der Regierung untersteht) die in weiten Passagen geschwärzten Informationen heraus!  

Das BMI unter Horst Seehofer (CSU) wirkte demnach auf WissenschaftlerInnen ein, um innerhalb von Tagen ein Papier im Umgang mit der Corona-Pandemie zu erstellen.

Vertrauen und Glaubwürdigkeit wurde so verspielt……und Politikverdrossenheit gefördert.

Die von der „Welt am Sonntag“ von „Cicero“ und weiteren Medien veröffentlichten Passagen aus dem Papier, zeigen wie vorsätzlich Horrorbeschreibungen als Mechanismus eingesetzt werden sollten, mit dem Ziel Angst zu erzeugen:

„Um die gesellschaftlichen Durchhaltekräfte zu mobilisieren, ist das Verschweigen des Worst Case keine Option.“ Es geht in dem Papier darum, die Bevölkerung gezielt zu „schocken“ um zu einer großen Zustimmung der Freiheitseinschränkungen zu kommen.

Deshalb wurden Auswirkungen so beschrieben:

„Viele Schwerkranke werden von ihren Angehörigen ins Krankenhaus gebracht, aber abgewiesen, und sterben qualvoll um Luft ringend zu Hause. Das Ersticken oder nicht genug Luft kriegen ist für jeden Menschen eine Urangst. Die Situation, in der man nichts tun kann, um in Lebensgefahr schwebenden Angehörigen zu helfen, ebenfalls.

Kinder werden kaum unter der Epidemie leiden‘: Falsch. Kinder werden sich leicht anstecken, selbst bei Ausgangsbeschränkungen, z.B. bei den Nachbarskindern. Wenn sie dann ihre Eltern anstecken, und einer davon qualvoll zu Hause stirbt und sie das Gefühl haben, schuld daran zu sein, weil sie z.B. vergessen haben, sich nach dem Spielen die Hände zu waschen, ist es das Schrecklichste, was ein Kind je erleben kann.“

Obwohl als Verschlusssache eingestuft, wurde dieses vertrauliche Strategiepapier, in verschiedenen Medien vor allem wegen der Beeinflussung der Politik auf Wissenschaftler kommentiert.

In CICERO war zu lesen:

Die Journalisten Anette Dowideit und Alexander Nabert schreiben: „In jenen vier Tagen verfolgten Kerber und andere hochrangige Beamte des Ministeriums die Arbeit der Forscher akribisch und diktierten das Vorgehen: Aus dem Schriftwechsel geht hervor, dass es in kurzen Abständen Telefonkonferenzen zwischen dem BMI und den Forschern gab, während diese an ihrem Modell und den daraus resultierenden Empfehlungen arbeiteten.“ Und sie schlussfolgern: „Die gut 200 Seiten an E-Mails belegen somit, dass die Forscher zumindest in diesem Fall längst nicht so unabhängig agierten, wie es Wissenschaftler und Bundesregierung seit Beginn der Pandemie stetig betonen – sondern auf ein von der Politik vorgegebenes, feststehendes Ergebnis hinwirkten.“ Wissenschaft werde so „zum verlängerten Arm der Politik“.

Die folgenden Aussagen von Juristen und Juristinnen belegen, wie schnell die Arroganz der Macht die Grundfeste der Demokratie erschüttern kann.

Prof. Dr. Renate Dendorfer-Ditges (Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht, Arbeitsrecht, Internationales Wirtschaftsrecht, Bonn): „Von Anfang an empfand ich die Corona-Maßnahmen und die tiefgreifenden Einschränkungen unserer Grundrechte und der demokratischen Prinzipien als nicht hinreichend begründet. Die Politik handelt(e) wie in längst überwunden geglaubten Zeiten eines Hoheitsstaates, über einen längeren Zeitraum demokratisch nicht hinreichend legitimiert, lediglich aufgrund der Verordnungsebene in den Ländern und im Bund. Dabei bleibt es unzweifelhaft, dass es die Corona-Pandemie gibt, dass staatliches Handeln erforderlich ist und unser Gesundheitssystem vor einem Kollaps geschützt werden muss. Nur doch bitte nicht ohne, sondern mit Beteiligung der Bevölkerung auf der Grundlage wahrhafter und die Meinungsvielfalt berücksichtigender Informations- und Faktenlage.“

Rechtsanwalt Peter Oppler (Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, München): „Nach meinem Verständnis sind die Grundrechte maßgebliche ethische und philosophische Pfeiler unserer Existenz. Sie sind nicht nur die Grundlage unseres Rechts, sondern das Gerüst unserer Kultur, unserer Gesellschaft und unserer Werte, genau genommen unseres gesamten bürgerlichen Zusammenlebens. Sie sind im Übrigen auch die konsequente Antwort auf eine bittere Vergangenheit.“

Rechtsanwältin Kerstin Horstmann (Düsseldorf): „Es drängt sich der Verdacht auf, dass das RKI nicht unabhängig ist, sondern politisch gesteuert ist und mit der Verbreitung der ‚Zahlen‘, bestimmte politische Ziele verfolgt werden. Dies wiegt umso schwerer, weil zahlreiche Gerichte diesen Zahlen bislang völlig unkritisch gefolgt sind und das RKI als unabhängiges Institut respektieren, was es augenscheinlich nicht ist.“

Prof. Stefan Leupertz (Richter am Bundesgerichtshof a.D., Köln): „Gefährlich wird die Lage, wenn der Staat beginnt, schon die Generierung der Informationen und ihre Interpretation durch dann eben nicht mehr unabhängige Experten zu organisieren. Genau das ist hier geschehen. Das BMI hat ersichtlich und am Ende mit großem Erfolg versucht, ein Informations- und Meinungskartell zu organisieren, das es den politischen Entscheidungsträgern in schwieriger Lage ermöglicht, durch eine Politik der Angst Entscheidungskompetenz auch ohne belastbare sachliche Rechtfertigung zu erlangen. Das muss die Öffentlichkeit erfahren. Wir versuchen, diese Kenntnis zu vermitteln.

Quellennachweis:

https://haerting.de/wissen/pressemitteilung-haerting-erwirkt-akteneinsicht-beim-robert-koch-institut/

https://www.welt.de/politik/deutschland/article225991449/Corona-Papier-Opposition-fordert-Aufklaerung.html

https://www.cicero.de/innenpolitik/wissenschaft-politik-corona-drosten-kerber-spahn

Ende März 2020 berichtet die Süddeutsche Zeitung

Anfang Februar 2021 veröffentlichte die Welt am Sonntag die Ergebnisse einer Recherche