Teil 2 – Fortsetzung aus meinem Buch

Teil 2 aus meinem Buch “Der goldene Skalp” Kapitel 1 – Ich war ein Greenhorn

Ärzte, Ärztinnen, Schwestern und Pfleger müssen spuren. In diesem Land war ich eine Fremde.Wenige Tage später klingelte es bei uns, und vier Ärzte standen vor der Tür. Mein Hausarzt hatte drei Kollegen mitgebracht, und bis spät in die Nacht saßen sie mit uns am großen Tisch im Esszimmer und klagten ihr Leid mit dem Gesundheitssystem. So hörte ich zum ersten Mal Wörter wie «Regelleistungsvolumen», «Fallpauschale» oder «Regress», und die Ärzte erzählten von völlig absurden Abrechnungen. Ich war entsetzt: Jeder Arzt bekommt im Quartal pro Patient eine bestimmte Summe. Egal, wie oft der Patient in seine Praxis kommt. Als die vier gegangen waren, sagte ich zu meinem Mann: «Entweder ich lese die falsche Zeitung, oder die vier haben uns die letzten Stunden für dumm verkaufen wollen. Oder sie sind einfach nicht ganz richtig im Kopf!» Von dem, was die mir da erzählten, hatte ich noch nie etwas gehört. Es war für mich wie eine Fremdsprache, in der sie sich unterhalten haben. Ich wollte wissen: Welcher Hornochse kommt auf die Idee, ein solches System, von dem 90 Prozent der Bevölkerung abhängig sind, so zu verkomplizieren, dass es niemand mehr versteht? Also bin ich bereits einige Wochen später in den Bus eingestiegen und mitgefahren. Ich wollte kämpfen! Denn eine Welt ohne Hausärzte war keine, in der ich leben wollte. Mein Albtraum war, dass die freien niedergelassenen Ärzte weggespart werden und Handelsvertreter der Gesundheitskonzerne ihren Platz einnehmen. Die haben zwar auch Medizin studiert, sind aber für mich keine Ärzte mehr, weil es ihnen nicht um unsere Gesundheit zu gehen hat, sondern darum, den Gewinn ihrer Arbeitgeber zu steigern. Das Ende der Busreise war ein Debakel.Die Ärztinnen und Ärzte wollten, dass ihre Sorgen gehört würden. Stattdessen wurden ihre Redebeiträge von einem anwesenden Politiker, übrigens selbst Arzt, als ein Benehmen wie «Rotz am Ärmel» betitelt. Es wird keine Hilfe kommen. Das wurde mir damals klar. Also wollte ich kämpfen. Ich wollte diesen Fremden finden, der den Ärzten im Nacken sitzt und sie zwingt, ihre Patienten abzuspeisen. Ich wollte nicht, dass er unser Gesundheitssystem mit Haut und Haaren verschlingt. Also drehte ich jeden Stein um, ihn zu finden und in die Ecke zu treiben. Ich telefonierte, recherchierte, schrieb Bücher, gründete eine Bürgerinitiative und mietete für eine Demo das Olympiastadion in München. Ich wusste, dass Patienten und Hausärzte gemeinsam für das Gesundheitssystem aufstehen und es im Schulterschluss verteidigen müssen. Sonst würde es niemand machen. Ich hatte immer geglaubt, dass Ärzte und Patienten nichts mehr wollen als eine gute Gesundheitsversorgung erhalten. Aber ich war noch immer ein Greenhorn. Und ich musste die Wahrheit schmerzhaft kennen lernen: Es gibt keinen Schulterschluss und kein Mitgefühl mehr. Die Ärzte nutzten mein Engagement und meine Wut für ihre Zwecke aus. In all den Jahren ging es der Masse der Ärzte nie darum, die Systemfehler zu beheben; sie hätten die Macht dazu! Aber sie haben sich diesem System angepasst und sich eingerichtet. Es ging immer nur um die Honorare und nie um das, wofür ich eigentlich angetreten bin. Ein Ärztefunktionär hat mir mal höhnisch geraten, ich solle mich besser nicht so für die Ärzte aus dem Fenster lehnen. Denn eins sei sicher: Egal, wer der Schar vorweglaufe, er müsse nur einen Hunderteuroschein hochhalten und die Ärzte würden blind hinterherlaufen. Egal in welche Richtung. Damals habe ich mich öffentlich mit dem Funktionär angelegt, heute muss ich ihm leider recht geben: Für die große Masse der Ärzte stimmt das.

Fortsetzung folgt – bleiben Sie dran wenn Sie mehr wissen möchten!