Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH stand oben auf der Einladung zum medizinisch-ethischen Podium, geplant am 25. November 2009!
Leitung und Veranstalter: Hochschulpfarrer Siegfried Karl, katholische Hochschulgemeinde Gießen und Klinikpfarrer Matthias Schmid, katholische Klinikseelsorge Gießen.
Auf der Einladung waren die Podiumsteilnehmer /-innen mit Bild abgedruckt. Bischof Dr. Dr. hc Wolfgang Huber, Prof. Dr. phil. Joachim-Felix Leonhard, Roland Dieckmann, MdB, Prof. Dr. Hille Haker, Moraltheologin, Renate Hartwig, Autorin, Wolfgang Pföhler, Vorstandsvorsitzender Rhön Klinikum AG. Moderation sollte Eva Deppe vom HR-Studio Oberhessen leiten.
Im Vorwort war zu lesen: (…) das Wirtschaftlichkeitsgebot wird im Gesundheitsbereich zunehmend aber auch problematisch. Die Diskussion soll daher Konflikte nicht leugnen. Es geht um einen ideologiefreien Austausch von Positionen und Argumenten und um ein sachliches und offenes Gespräch unter interaktiver Einbeziehung des Publikums mit seinen Fragen und Meinungen….. (…)
Zu dieser Diskussion kam es nicht. Am Morgen der Veranstaltung – 25. November 2009 – erreichte mich vor Abfahrt nach Gießen eine Mail, in der mir die Veranstalter lapidar mitteilten: „Sehr geehrte, liebe Frau Hartwig, wir müssen Ihnen leider mitteilen, dass das medizin-ethische Podium morgen, Mittwoch, den 25. November, 19.30 Uhr, zu dem Thema „Das Geschäft mit der Gesundheit“ nicht stattfinden wird. Wir bitten um Ihr Verständnis. (…)“ Unterzeichnet hat der Veranstalter.
Im Hörsaal der Anatomie, in dem die Veranstaltung stattfinden sollte, wurde die Einladung mit einer Pressemitteilung überklebt, in der die Besucher informiert wurden:
„Die Veranstaltung des dritten medizin-ethischen Podiums, das in diesem Jahr unter dem Titel „Das Geschäft mit der Gesundheit – Vom Patienten zum Kunden? Vom Arzt zum Dienstleister?“ steht, wird von den Veranstaltern für heute Abend, 19.30 Uhr, abgesagt (…)“ In der folgenden Stellungnahme war zu lesen: „Es haben sich in den letzten Tagen unterschiedliche Positionen heraus kristallisiert, die eine erfolgreiche Durchführung des Podiums in Frage stellen. Die von uns gedachte Konzeption einer sachgerechten und argumentativ geführten Debatte für die Bürger und Bürgerinnen der Stadt und Region ist auf Grund extrem gegensätzlicher Interessenlage aus unserer Sicht nicht möglich. (…) Mein Rückruf bei den Veranstaltern brachte außer einer Entschuldigung keine wahren Gründe für die Absage hervor.
Der Giessener Anzeiger hingegen schrieb offen über die Hintergründe.
(…) Die von uns gedachte Konzeption einer sachgerechten und argumentativ geführten Debatte für die Bürger der Stadt und Region ist aufgrund gegensätzlicher Interessenlage aus unserer Sicht nicht möglich. Mit dieser Aussage spielen Karl und Schmid in erster Linie auf die vorgesehene Mitwirkung von Renate Hartwig an. Die streitbare Bestsellerautorin hat in ihren Veröffentlichungen Stellung gegen jede Form von Privatisierungen im Gesundheitswesen bezogen. In ihrem Buch „Der verkaufte Patient“ mit dem Untertitel: „Wie Ärzte und Patienten von der Gesundheitspolitik betrogen werden“ beklagt Hartwig eine zunehmend auf kommerzialisierte Interessen ausgerichtete Gesundheitspolitik, bei der Kranke immer häufiger auf der Strecke blieben (…)
Klinikseelsorger Matthias Schmid bestätigte im Gespräch mit dem Giessener Anzeiger, dass es im Vorfeld Gespräche mit der DAK und der Rhön AG gegeben habe. Dass diese beiden Podiumsteilnehmer keinerlei Interesse hatten, sich den Fragen und Recherchen der Autorin Renate Hartwig zu stellen, müsste den Veranstaltern von Anfang an beim Aufbau der Teilnehmerliste klar gewesen sein. Hartwig machte als eine der ersten über die Webseite „patient-informiert-sich.de“ die Zusammenhänge klar von DAK und Healthways, der größte Anbieter von Betreuungsprogrammen für chronisch Kranke in den USA. Deren Callcenter „betreuen“ seit 2007 chronisch Kranke DAK Mitglieder in Bayern und Baden Württemberg. Die Veröffentlichung führten für die DAK zu unangenehmen Fragen der Medien sogar der Bundesdatenschutzbeauftragte wurde tätig.
Auch das zwischen den Zielen des Rhön Konzerns und der Autorin Hartwig keine Übereinstimmung in Sachen Klinikprivatisierung herrscht, wussten die Veranstalter von Anfang an. Gerade deshalb setzte Hartwig auf eine offene Diskussion in der Sache. Sie war und ist der Ansicht das muss in einer Demokratie möglich sein. Ob der Fall Rottal Inn mit ein Grund der Ablehnung von Rhön war, oder die Veröffentlichungen von Hartwig zum Thema Rhön ist ungeklärt!
Zugespitzt hat sich die Situation erst im Oktober 2009. In Rottal Inn gelang es den Verkauf dreier Kliniken an die Rhön Klinikum AG, der vom Kreisrat bereits mehrheitlich beschlossen war, über einen Bürgerentscheid zu kippen und den Verkauf zu verhindern. Renate Hartwig unterstützte dieses Bürgeransinnen persönlich und mit ihrer Bürgerschulterschlussbewegung www.Patient-informiert-sich.de sehr intensiv.
Aber auch das gewählte Thema „Das Geschäft mit der Gesundheit – vom Patienten zum Kunden? Vom Arzt zum Dienstleister?“ zeigt, dass es sich hier von Seiten der Veranstalter um eine gewollte kontrovers diskutierte Problematik handelte. Bei den Gespräch mit der Moderatorin Eva Deppe mit Renate Hartwig, aber auch mit den beiden Veranstaltern, stellte Hartwig von Anfang an klar, dass es ihr nicht um Personen, sondern um eine öffentliche Diskussion über die Folgen der Industrialisierung im Gesundheitswesen geht. Laut den Veranstaltern war das Buch „Der verkaufte Patient“ sogar der Hintergrund für diese Diskussionsveranstaltung.
Dass der vollständige Besuch der Veranstaltung von der Landesärztekammer Hessen sogar Ärzten gegenüber mit drei Weiterbildungspunkten anerkannt gewesen wäre spricht für sich. Egal wer hier vor wem in die Knie gegangen ist – eines steht fest – es gibt Kräfte, die eine öffentliche Diskussion, in der die Gefahr lauert das Klartext über die gesellschaftlichen Auswirkungen ihres Geschäftsmodells gesprochen wird, ablehnen. Und es gibt Veranstalter – genauso wie Medien – die sich dem beugen. Das muss uns Bürger aufhorchen lassen, denn genau so werden für die breite Bevölkerung wichtige Informationen verhindert!
Die vielen Menschen vor der verschlossenen Türe des Hörsaals der Anatomie am 25.11.209 in Giessen sprachen das aus was leider zu oft unter geht:
Ein Land wird gefährlich wenn Meinungs- und Informationsfreiheit beschnitten wird! Bürgerschulterschluss e.V