65plus klagt an!

Durch eigene Erfahrungen mit Erbschleichern und den damit verbundenen intensiven Recherchen entstand mein Buch „Erbschleicher und sonstige Verwandte“. Seit Jahren beschäftige ich mich intensiv mit dem allgemeinen Umgang mit „Alten“ und dem Alter.
Wer in das Thema einsteigt staunt, wie der private, gesellschaftliche und politische Umgang mit „Alten“ verdrängt wird. Erkennt beim Gespräch, wenn es um „Alte“ geht, die allgemein akzeptierte Doppelmoral und Verlogenheit. Stößt in Gesprächen mit älteren Menschen unweigerlich auf Ängste, auf unausgesprochene Enttäuschungen, tiefe Verletztheit und erlebte menschliche Abgründe.
Deshalb habe ich mich entschieden, in meinem Blog „Ü65 – klagt an“ zu thematisieren was verdrängt und zu oft verschwiegen wird.

Was ist eigentlich Alt?

Im Korb liegen die Äpfel von einem Garten mit alten Apfelbäumen. Fast niemand achtet mehr auf die Bäume mit den knorrigen Ästen, an denen wunderbare Äpfel einer alten, längst vergessenen Sorte hängen. Nicht poliert, wie die im Supermarkt, jedoch geschmacklich toppen sie jeden dieser Äpfel in den abgepackten Plastikbeuteln.

Alter Baum, alte Apfelsorte und nun? In unserem Fall, wurden aus den alten Äpfeln verschiedene Köstlichkeiten. Jeder der davon probiert ist begeistert. Ob es das Apfelgelee, das Apfelmus, der Apfelstrudel vom Rezept meiner Mutter, oder ob der alte Apfel so gegessen wird!

Nehmen wir diese alten Apfelbäume als Metapher für unseren gesellschaftlichen Umgang mit „Alten“ – bleibt die Frage – was ist alt? Ist es beim Baum ein alter Stamm, sind es die knorrigen Äste? 

Könnten uns diese alten Apfelbäume erzählen, welche Geschichten sie hörten und uns von den Erfahrungen über Generationen hinweg berichten, wir würden staunen. Und wir könnten garantiert etwas Positives für unser Leben mitnehmen!

Drehen wir dies um auf alte Menschen, dann wird der Maßstab an einer Jahreszahl festgelegt. Da gibt es eine besorgniserregende Entwicklung. Der „Alte und die „Alte“ erleben überwiegend entweder ein gönnerhaftes Mitgefühl, gepaart mit Almosen in Form von Zeit, die man ihnen ab und zu „schenkt“ überwiegend wird jedoch offenes Desinteresse an deren Leben gezeigt.

Was nicht bedacht wird, auch die Alten hatten und sie haben ein Leben! Ja, sie haben auch „knorrige Äste“ diese tragen statt schmackhaften Äpfeln die Erfahrungen eines gelebten Lebens.

Es geht gar nicht um den abgedroschenen Spruch „dem Alter Würde geben“ Alte brauchen kein Mitleid. Die Missachtung von geleisteter Arbeit ist ein Dauerbrenner in der politischen Phrasendrescherei. 

Jeder der heute Alte als Belastung betrachtet, wird es durch die gesellschaftliche Entwicklung, viel schneller selbst erleben, als ihm bewusst ist! 

Wie bei alten Apfelbäumen die „Frucht“, ist es bei den Alten die Erfahrung ihres gelebten Lebens! Wer diese annimmt, kann eventuell die Stolpersteine des Lebens besser einschätzen und meistern. Vielleicht sogar manchmal umgehen.

Mit jedem Menschen verschwindet ein Geheimnis aus der Welt, das nach ihm niemand mehr entdecken wird.

Was ist also Alt? Keine Frage, mit den Jahren runzelt die Haut. Na und? Schaut Euch die alten Apfelbäume an, begeistert tragen sie an ihren knorrigen Ästen wunderbar schmackhafte Äpfel! Und genauso begeistert wie die alten Bäume alt wurden, kann unser älter werden sein, wenn wir den Spruch von Bettina von Arnim (1783-1839) zugrunde legen: „Die Menschenseele ist ein kleiner fliegender Samenstaub, der einen guten Boden sucht …“ RH

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Verstorben–Vererben –Verdrängen und die verstummten Entsetzten!

Im Reich der Zwecke hat alles entweder einen Preis, oder eine Würde! (Immanuel Kant)

Das Jahr neigt sich dem Ende zu. Der Sommer ist mit der Umstellung der Uhren offiziell vorbei. Alles ist reguliert. Der Reformationstag am 31. Oktober und Allerheiligen am 1. November sind christliche Feiertage. Am 2. November ist Allerseelen. An diesem Tag soll an die Verstorbenen erinnert werden.

Die Friedhöfe sind in dieser Zeit gut besucht. An manchem Grab ist sichtbar, wer vergessen ist. Die anonymen Grabreihen werden immer mehr. Wer hat heutzutage noch Zeit ein Grab zu pflegen? Da spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Ob Entfernung oder Finanzen, bis hin zu „Zeitverschwendung“ und dem Gedanken „geht mich doch nichts an!“ Dazu kommt: Von der Wiege bis zur Bahre, ist der Mensch vor allem Ware. Geschäftsmodelle der Vorsorge nachdem Ableben haben Hochkonjunktur. Erstens will „man“ ja niemanden belasten und dann höre ich oft „nach mir die Sintflut, Tod ist Tod!“  

Was gebe ich dafür, wenn die tatsächlichen Gedanken der einzelnen Trauernden sichtbar werden könnten? Grabsteine, selbst die kleinsten Schilder an den Bäumen, unter denen die Asche vergraben wurde, erzählen könnten, was dieser beigesetzte Mensch unausgesprochen mit ins Grab nahm!? An der Beisetzung viel zu vieler Menschen, trauert tief verschleiert ihr ungelebtes Leben!   

Sie lassen mich nicht los, die Gespräche mit den vielen Erbschleicher – Geschädigten! Sie sind zu oft traumatisiert, sprachlos und hilflos diesen Gefühlen ausgeliefert.  Unbeabsichtigt wurde mit meinem Tatsachenroman „Erbschleicher und sonstige Verwandte“ eine Schleuse geöffnet!

William Shakespeare sagte: „Der Kummer der nicht spricht, nagt am Herzen bis es bricht“

Um die Folgen von unserem eigenen erlebten Familiendrama greifen zu können, verarbeitete ich es durch aneinandergereihte Buchstaben. Über das Buch entwickelte sich ein Netzwerk der verstummten Entsetzten. Nach wie vor plädiere ich dafür, nicht auszublenden was schiefgelaufen ist. Wahrnehmen um was es tatsächlich geht und ging. Wenn Dramen entstehen, ist es nicht nur das „Erbe“ in Form von Geld und Gut. Oft lässt der Bruch der Familie und die Enttäuschung was hinter den verschiedenen Rücken alles abgelaufen ist, Betroffene in die Knie gehen! Dazu kommt die Scham solche Blutsverwandte zu haben!

Vor allem nach meinem Vortrag „Erbschleicher und die Folgen“ erfahre ich von dem Schweigen, dem eigenen sozialen Umfeld gegenüber. Der Satz „das kann ich doch niemand sagen, wie die eigenen Verwandten agieren, wie sie verletzen, mit allen Bösartigkeiten auffahren“ gehört zur Standardaussage.

Erst letzte Woche stand ich in einem Garten in Ulm vor einem wunderschönen, vollmöbilierten, jedoch verwaisten Haus. In ihm lebte ein Ehepaar deren Leben aus Arbeit und Fürsorge für die drei Kinder bestand. Als Eltern gaben sie alles. Sie bauten ebenso ein erfolgreiches Unternehmen auf. Die damit verbundenen Risiken nahmen sie auf sich. Ja, sie brachten es zu was, wie man im Schwabenland sagt!

Nun würden sie sich als Großeltern im Grab umdrehen, wenn sie erleben würden, wie sich eine ihrer Enkelinnen nach ihrem Tod zum gierigen Monster, ohne Hemmungen entwickelte. Großmutter Ilse hat nach dem Tod ihres Mannes zwar alles großzügig geregelt. Niemanden vergessen. Die Tochter von Ilse hat mit ihrem Mann auf viel verzichtet zu Gunsten ihrer eigenen Töchter. Doch eine Enkelin von Großmutter Ilse bekommt den Hals nicht voll! Ihr Erbe, sowie die zusätzlichen Zuwendungen auf den Konten mit vielen, vielen Nullen…reichen ihr nicht, sie will mehr, sie will alles! Die Frage, seit wann diese frühere liebenswerte und hilfsbereite Tochter und Enkelin ihre Wesensart um 180 Grad veränderte, beschäftigt die ganze restliche Familie. Vermutet wird, dass hier Manipulation und die Geldgier ihres Partners eine Rolle spielt. Allein der protzige Lebenswandel lässt erahnen, weshalb das Erbe dringend benötigt wird. Traurig für die Eltern zusehen zu müssen, wie sich ihre Tochter veränderte. Zumal diese ganze Entwicklung so gar nicht zu der Kernfamilie und der Erziehung der Tochter passt. Gerichte und Anwälte sind nun beschäftigt, um sich hin und her Papierberge zu senden. Auch hier ist einmal mehr, eine Familie emotional zerbrochen. In dem Fall, an der Gier der Enkelin von Großmutter Ilse!

Allen verstummten Entsetzten wünsche ich gerade an diesen kommenden Tagen Kraft. Wir sollten nie Furcht davor haben auszusprechen, was verdrängt wurde. Ich plädiere für Offenheit. Übrigens egal was es ist und wer es ist: Wenn es den inneren Frieden kostet – ist es zu teuer! Verschwende nicht deine Zeit gegen eine Wand zu treten, in der Hoffnung sie in eine Türe zu verwanden. RH

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Jahreshalbzeit und Gerechtigkeit!

Die Hälfte vom Jahr 2024 ist bereits vergangen. Die Preise steigen mit den Temperaturen und ab heute steigen auch die Renten der Normalbürger um 4.57 Prozent!  Das Renten-Plus kommt auf die Brutto-Rente. Das bedeutet also, dass auch die Sozialversicherungsbeiträge und die Steuerabgaben steigen. So mancher Ruheständler kann das Eigenlob von politischen Kreisen, aufgrund der Rentenerhöhung nicht nachvollziehen. Denn die Erhöhung der Rente wird mit der verbundenen Erhöhung der Sozialabgaben minimiert. Und bei zu vielen Normalbürgern langt die Erhöhung gerade einmal im Monat für einen Kaffee außer Haus. Zu viele Menschen mit der gesetzlichen Rente sind vom kulturellen, sozialen Leben abgeschnitten. Was oft bleibt, ist der einzige Kontakt mit Menschen die man im Tafelladen, oder bei der Abgabe von gesammelten Flaschen trifft.

Reden wir offen über Gerechtigkeit. Ein Thema das in Kreisen von Pensionären und der Politik nicht oben auf der Liste für Kommunikation steht. Wozu auch?

Die Rentenberechnung beim normalen Fußvolk beträgt laut Bundesregierung 48,1 Prozent. Die Standardrente in Deutschland ist etwas weniger als das halbe Durchschnittsgehalt.

Demgegenüber stehen Beamte im Ruhestand: Ihre Pension beträgt 71,75 Prozent ihres Bruttogehalts, das sie während der letzten zwei Jahre vor dem Ruhestand bekommen haben. Wer mehr Details wissen möchte, hier bitte:

https://www.mystipendium.de/geld/beamtenpension#wie-hoch-ist-die-beamtenpension

Dazu kommt: Der Normalbürger/In bekommt seine Rente am Ende des Monats ausbezahlt. Der Beamte/In seine Pension bereits zu Beginn eines Monats auf das Konto!!

Zwischenfrage: Wieso ist die Rente beim Normalbürger beim europäischen Nachbar Österreich so viel höher? Die Grundlage der österreichischen Rente ist die Formel 80/45/65:

Das bedeutet 80% (!!!) bezogen auf das durchschnittliche Einkommen während des Arbeitslebens, nach 45 Versicherungsjahren und Renteneintritt mit 65.

Für folgende Rentenanpassungen wird auf die Verbraucherpreise geschaut. Beim österreichischen Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz ist zu lesen:

(..) „Der Richtwert wird so festgesetzt, dass die Erhöhung auf Grund der Anpassung dem Richtwert der Erhöhung der Verbraucherpreise entspricht.“ In Österreich ist Rentenanpassung = Inflationsausgleich = und dadurch Kaufkraft der „Alten“!

https://www.betriebsrat.de/news/rente/renten-im-aufschwung-oesterreichs-erfolgsmodell-3076078

Dazu kommt die Rente wird 14-mal jährlich ausbezahlt. Zu den Renten für April und Oktober erhalten Sie jeweils eine Sonderzahlung. Für mich zeigt dies eine Wertschätzung des Arbeitslebens.  Also weshalb geht das in Österreich?

Ein Blick auf unseren Bundestag zeigt die Bandbreite der Ungerechtigkeiten und zeitgleich den Beweis unseres politischen Selbstbedienungsladens. Nicht nur, weil wir weltweit nach China das größte Parlament mit 736 Abgeordneten haben. Sondern diese nehmen sich jährlich, aus dem von uns gefüllten Steuerkrug, einen kräftigen Schluck! Im Juli 2024 satte 6 Prozent was pro Monat 635,50 Euro ausmacht.

Ohne Diskussion wurde die sogenannte Aufwandspauschale aufgestockt! Für mich ist es schon immer unklar, weshalb es auch „Diäten“ genannt wird. Diese Anpassung spült bereits zu Beginn eines jeden Monats, 11.227,20 Euro auf jedes Konto unserer Volksvertreter/Innen!!

In der Ampel – Regierung wird seit Monaten um Einsparungen gefeilscht. Es geht um den Haushaltsplan 2025! Jeder wirft dem anderen vor, nicht so sparsam zu sein, wie es die Lage erfordert! Irgendwie kam keiner auf die Idee bei sich – nämlich bei den „Diäten“ – anzufangen!

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In Erinnerung an meine Schwiegereltern!

Am 09. Juni jährt sich zum 10.mal der Todestag meines Schwiegervaters. Seinen Tod haben wir, wie den meiner Schwiegermutter, über Dritte erfahren. Zum Hintergrund:

Sie waren wunderbare Eltern, Schwiegereltern und Großeltern. Über Jahrzehnte gab es keinerlei Situationen, die auch nur erahnen ließen, was am Ende des Lebens meiner Schwiegereltern passiert.  

Nachdem sie krankheitsbedingt über Monate bei uns waren, sie auflebten, wieder Lebenslust bekamen, wollten sie ganz bei uns bleiben. Alles war mit ihnen besprochen und geplant.

Nur kannten wir alle die verwandtschaftlichen Pläne nicht.

Um den Umzug vorzubereiten, kehrten meine Schwiegereltern im Juli 2013 in das Haus meiner Schwägerin und deren Mann zurück. Innerhalb von Tagen brach der Kontakt zu uns ab. Es lässt sich nur erahnen, wie das Warum und Wie durchgesetzt wurde.

Der Kontakt war nur noch über Briefe möglich. Meine Schwiegermutter verstarb im Oktober 2013 im Krankenhaus. Von ihrem Tod haben wir über Dritte, am Tag ihrer Beerdigung, erfahren.

Sämtliche schriftlichen Vorsorge- Unterlagen, ob Vollmachten, Betreuung, Patientenverfügung, bis hin zu den genauen Angaben, dass sie meinen Mann und mich in der Sterbephase bei sich haben wollte, wurden vernichtet und neu, im Sinne meiner Schwägerin und deren Mann erstellt!

Am 9. Juni 2014, genau vor 10 Jahren hat Vater Eduard für immer die Augen geschlossen. Niemand hat seine Hand gehalten, niemand hat ihn begleitet. Das haben wir jedoch erst nach seiner Beerdigung über Dritte erfahren. Er wurde auch ohne unser Wissen – ins Pflegeheim gebracht. Dort war auch nur meine Schwägerin als Ansprechperson angegeben.  Obwohl alle wussten, dass er dem Verkauf der Eigentumswohnung und dem damaligen Umzug ins Haus meiner Schwägerin und deren Mann nur zustimmte, um diese Zeit im Alter abzusichern, wurde er – als alles nach Plan schriftlich geregelt war – ins Pflegeheim abgeschoben. Und genau in ein Heim wollte er nie. Alle wussten, dass wir bereit gewesen wären, ihn bei uns zuhause zu pflegen. Auf dem Totenschein, den wir extra beantragen mussten, steht: Verstorben ca. 19:25!

Beim Nachlassgericht wurde es klar, Erbschleicher hatten bis zum letzten Atemzug ganze Arbeit geleistet. Geplant war dieser Vorgang schon lange. Die Umsetzung begann bereits, als meine Schwiegereltern in Rente gingen und sie zu dem Verkauf ihrer Eigentumswohnung und zum Umzug ins Haus der Tochter „überzeugt“ wurden. Ab diesem Zeitpunkt wurde mein Mann, wie unsere ganze Familie, immer mehr ausgeschlossen. Bei Besuchen waren wir immer unter Kontrolle. Auf unseren Einwand gegen die um sich greifende Entsozialisierung kam der Hauptsatz meiner Schwiegermutter: „Lass es, wir müssen nun hier leben.“ Oder: „Um des lieben Friedenswillen, sage ich nicht viel.“

Belastend bis heute: Da wir uns nicht verabschieden konnten, taucht er immer wieder auf, der Gedanke: Wie ging es den Eltern im letzten Moment? Erst dachten wir, unsere Familientragödie sei ein Einzelfall. Doch, nachdem ich alles aufgeschrieben und zwischen 2 Buchdeckeln in einem Tatsachenroman öffentlich gemacht hatte, wurde ich von einer Flut von Informationen überrollt. Dies war der Anlass für mich, als Einzelkind, sich intensiv mit dem Thema „Erbschleicher und die Folgen“ auseinanderzusetzen.

Erbschleicher erkennt man zu spät und sie sind weiterverbreitet als man ahnt. Deren Vorgehensweisen bassieren auf materieller Ebene. Erbschleicher sind gut getarnt. Oft im Gewand von ganz besonderen Gutmenschen! Die emotionalen Folgen ihrer Taten, die bis in Traumata gehen können, werden von den geschädigten Betroffenen nicht thematisiert.

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In Memoriam

An meine wunderbare Mutter

Vor mir liegt ein kleines, wunderschönes Büchlein. Eines von vielen, in dem ich meine Freunde die Buchstaben parke, wenn sie durch meinen Kopf fliegen.

Manche liegen seit Jahren in einer speziellen Schublade in meinem Sekretär.

Der Zufall wollte es, dass ich es heute rausnahm und in ihm blätterte. Es ist gefüllt mit Gedanken, aufgeschriebenen Gefühlen, teilweise in Reimform.

Und da sah ich das Datum, fühlte diesen Moment und wusste wie verzweifelt ich damals war. Heute genau vor 33 Jahren, saß ich bei meiner Mutter im Krankenzimmer in der Uniklinik Ulm – damals noch am Safranberg – und versuchte für mich durch Buchstaben, das Gespräch mit dem Arzt fassbar zu machen.

Krankenhaus – 12. Mai 1991

Die weißen Wände starren mich an, die Schwester lächelt, da sie nur so ihre Arbeit ertragen kann. Der Arzt steht vor mir, sein Blick bohrt sich fest. Die Diagnose hat ihn nicht in einem Schock versetzt. Er bleibt kühl und sachlich, wie jeden Tag. Er sagt es mir und es klingt hart. Die Frau, meine Mutter die mich geboren, habe ich heute an die Macht in den Händen der Ärzte verloren.

Die Augen meiner Mutter, blau und strahlend, in denen sich das Leben spiegelt sehen mich an. Ein Leben voll Entsagung, gefüllt mit Arbeit war ihr Alltag. Und doch sehe ich, weiß ich, sie hat nie aufgegeben. Selbst jetzt im Kampf gegen die Krankheit, verlieren diese Augen nicht den Glanz! Und meine Mutter sagt mir ohne Worte nur durch ihren Blick, was sie mich immer wieder lehrte: Was gibt es wichtigeres im Leben als Mut zum Leben? Kraft zum JA – denn gut ist, was uns in den großen und den kleinen Zielen weiterbringt!

P.S. Heute beruhigt mich, dass wir gegen den Rat der Ärzte handelnden und meine Mutter zu uns nahmen, anstatt sie ins Pflegeheim zu geben. Lange Gespräche, völlig neue Informationen über Mutters Leben, auch wie sie mit dieser Krankheit umging, hat uns alle – trotz der Mühen durch intensive notwendige Pflege – die wir gemeinsam meisterten, nur positiv geprägt. Die Kinder, meinen Mann und mich.  

Als Tochter habe ich die Chance bekommen, ein wenig von dem zurückzugeben, was mir meine Mutter ein Leben lang an Liebe und Lebenszeit gab. Ohne sie hätte ich mein Leben nicht so leben können, die Stolpersteine des Lebens nicht überwunden und meine Ziele nicht erreicht.  RH  

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Begegnungen der besonderen Art

Eine Idee wurde zum Projekt mit ungeahnten Folgen.

Auf dem Friedhof, bei der Pflege des Grabes meiner Eltern kam mir die Idee. Ich fragte mich, was würden uns die all die Grabsteine erzählen, wenn sie sprechen könnten. Wie viel Unausgesprochenes würden wir hören. Erfreuliches, Aufregendes, Verheimlichtes erfahren, was Verstorbene mit ins Grab genommen nahmen.

Meine Fragen in der erwachsenen Enkelgeneration, bestätigte meine intensiven Recherchen mit dem allgemeinen und gesellschaftlichen Umgang mit dem Alter und den „Alten“. Das Leben rennt davon. Keiner hat mehr Zeit. Die „Alten“ ziehen sich zurück, wollen keine Belastung sein. Erleben es, dieses schleichende nicht mehr wahrgenommen werden. Als mir ein 92-jähriger sagte: „Wissen Sie, wir leben zwar noch, aber nicht mehr mit. Schon gar nicht interessiert jemand, wie wir lebten und was wir erlebten! Da wurde ich sehr nachdenklich. Und so begann 2019 für mich eine lange Reise in die Erinnerungen der Generation 85 plus.

Vor allem fand ich über das Projekt „Begegnungen mit Generationen – der besonderen Art“ dutzendmal meine These bestätigt: Alt sein hat nichts mit dem Geburtsdatum zu tun. Es kommt nicht darauf an, dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben. Wie man alt wird, ist nicht eine Frage der Jahre – sondern der Blickrichtung. 

Die Sammlung der Lebensgeschichten – von Alten und Jungen Menschen – wurde immer länger. Die Kontakte intensiver. Vor allem kristalliesierten sich die Ursachen für die Generationenkonflikte heraus.

Und dann kam das Frühjahr 2020. Durch Corona wurden unsere persönlichen Zusammentreffen unterbrochen. Niemand wusste wie lang diese Zwangspause geht. So nahm ich das gute alte Telefon zur Hilfe und hielt die Kontakte über diesen Weg aufrecht. Meiner Bitte, doch Stichpunkte zu machen, was in seinem gelebten Leben wichtig war, kamen einige nach. Ich tauchte ein in eine Welt voller einzigartiger Begegnungen und wurde von inspirierenden Geschichten und ungewöhnlichen Begegnungen überrascht. Faszinierend finde ich immer wieder, was z.B. ein Mensch mit 103 alles erlebte und wie er sich heute in unserer Zeit zurechtfinden muss.

Auffallend ist die Begeisterung, der Spaß und positive Lebenswille, der durch diese Begegnungen immer wieder aufkommt. Auch Senioreneinrichtunge bestätigten mir, wie wichtig es war, diese Kontakte – trotz Corona – nicht abbrechen zu lassen.

Nicht nur einer machte aus dieser Corona – Kontaktsperre eine Tugend, nahm meinen Tipp Stichpunkte zu machen ernst und tauchte dabei ein in sein Leben. So wurde Einsamkeit und Isolation überwunden. In einem Fall schrieb ein über 90-jähriger, und er schrieb und schrieb und schrieb… daraus wurden zwei dicke Ordner mit über 600 handgeschriebenen Seiten. Für mich rief es doch geradezu danach, diese vielen Seiten mit Buchstaben über ein langes, erfülltes Leben aus den Ordnern zu nehmen, um sie in ein außergewöhnliches Buch als Hinterlassenschaft für seine Familie zu verwandeln.

Gesagt, getan nach dem Motto „Wer wagt gewinnt“ wurde aus den Aufzeichnungen eines ganzen Lebens nun eine besondere Chronik für kommende Generationen. Gedruckt nur für die Familie und Freunde. Beim 95. Geburtstag des Seniors wurde das Buch der großen Familie präsentiert und jeder bekam ein, vom Jubilar und nun Autor, signiertes Exemplar.

Im wunderbaren Wohnstift, in dem der rüstige Senior seit über fünf Jahren lebt, fand eine weitere Festivität anlässlich seines Geburtstages und der Bucherscheinung statt. Zusammengekommen sind Männer und Frauen die zusammen ein paar 100 Lebensjahre hinter sich haben und an diesem Tag motiviert wurden um ab sofort mit einem zufriedenen, freudigen Blick auf ihr gelebtes Leben zu sehen.

Mit diesem Projekt wurde ich Zeugin einer Zeitreise durch Jahrzehnte voller Veränderungen, Herausforderungen und persönlicher Bestätigung. Durch die Gespräche tauchte ich ein in ereignisreiche Leben, auch in eine Reflexion über die menschliche Natur und die Bedeutung von Resilienz, Liebe und Hoffnung. Es erinnert daran, dass das Alter keine Grenze für das Streben nach Glück und Erfüllung darstellt. Ich stellte fest, dass jeder seine Geschichte hat. Das es nie zu spät ist, seine eigene Geschichte zu erzählen und, dass jedes Leben eine Quelle der Inspiration sein kann. RH


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Das Alter und die Nachhaltigkeit

Es gibt bei uns zwei Haushaltsgeräte, die ständig benutzt werden. Über deren Alter und deren Aussortieren haben wir uns noch nie Gedanken gemacht. Es ist einmal unser Entsafter, der seit 55 Jahren ohne einen Mucks uns frische Säfte presst, sowie die Brotmaschine, die alles was Geschnitten werden muss, schon im Haushalt meiner Mutter super erledigte. Keine Frage, beide Geräte sind alt, was für uns nie ein Thema war.

Bis auf den Tag, als mich bei unserem Generationentreff eine junge Frau mit 32 in der Küche völlig irritiert fragte, weshalb wir diese alten Geräte nicht entsorgen!?

Vielleicht war es mein Staunen, weshalb sie ausholte. Ich erwartete jetzt eine Standpauke von wegen Stromverbrauch. Zur Vorsicht konterte ich gleich, dass wir erst im Frühjahr einen Fachmann im Haus hatten, der für uns alle Endgeräte prüfte. Und unser Entsafter und die Brotmaschine seien, laut seiner Überprüfung, keine Stromfresser. Aber nein, kam als Antwort, es gebe modernere pfiffigere Geräte. Und wir – also mein Mann und ich – ständen doch NOCH mitten im Leben, zu uns würden so „alte Geräte“ einfach nicht passen.  Ja, aus der Sicht habe ich unsere Geräte tatsächlich noch nicht betrachtet.

Natürlich nahm ich das Thema umgehend mit in die Runde. Fragte, wer mir die Definition des strapazierten Wortes „Nachhaltigkeit“ aus der Sicht ihrer Generation sagen kann? Und zeitgleich gab ich noch folgende Erklärung ab: „Aufgrund von dem Hinweis, dass wir so alte Geräte benutzen, stell ich die Gegenfrage, was ist für euch ALT? Bestimmt eine Zahl, wer in welche Schublade kommt? Bleiben wir bei den Geräten kann ich sagen, für mich spielt eine Zahl generell keine Rolle. Im Gegenteil, ich bin geradezu begeistert, von unserem Entsafter und der Brotmaschine. Und nicht nur, weil sie das, was sie tun – nach über 50 Jahren immer noch können.“  

Und schon waren wir mitten im Sortieren von Begriffen. Schnell war klar, in der gesellschaftlichen Umsetzung klaffen Theorie und Praxis noch weit auseinander. Meine Frage welcher „pfiffige Entsafter“ zu uns passen würde, ging im Gelächter unter. Da kam mir die Idee, unsere beiden alten Geräte zu personifizieren.

Aufgrund meiner momentanen Recherchen über das „Alter und Altersdiskriminierung“ benutzte ich den Vergleich zwischen einem alten Menschen und einer alten Maschine. Gesellschaftlich haben wir weder die Geduld, noch nehmen wir wahr, wenn ältere Menschen MITLEBEN möchten und aufgrund ihrer Kondition es auch könnten. Sehen eine Lebenszahl und nach dieser wird deren MITLEBEN beurteilt.

Genauso, wie es Wenige wundern oder stören würde, wenn wir unseren wunderbaren Entsafter und die Brotmaschine aufgrund eines – durchaus hohen Alters –– entsorgten.

Und so wundert auch niemand das Wort „Versorgt sein“ in Verbindung mit Altenheim, wenn es um Senioren in den Familien geht.

Übrigens, aufgrund meiner Erfahrungen und durch Recherchen hinkt mein Vergleich, zwischen dem lockeren Entsorgen von alten Geräten und dem Versorgen von Verwandten in Altenheimen, leider nicht!

Völlig spontan haben unsere alten Geräte das Tabuthema „Alt und nun“ beim September- Generationentreff, in unsere Gesprächsrunde geschafft.

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Großmutter Erna wehrt sich!

In dem Einfamilienhaus, kam Erna nach dem Tod ihres Mannes alleine gut zurecht. Das soziale Umfeld hatte Bestand. Der Kontakt zu den erwachsenen Kindern war sporadisch.

Bei einem der „wir sind gerade in der Nähe“ Besuche ihrer Tochter, kam es zum Thema Erbschaftssteuer. Intensiv wurden die allgemeinen Teuerungen beklagt, bis endlich das Wort „Hausüberschreibung“ fiel. Großmutter Erna stand kurz vor ihrem 81. Geburtstag. Laut Statistik blieben ihr noch drei Jahre. Natürlich wurde dies nicht ausgesprochen.  Die Tochter verpackte es in den Worten „Vorsorge, man weiß ja nie was kommt“!

Großmutter Erna besprach es mit ihren Freunden, die rieten ihr dies unbedingt auch mit ihrem Sohn zu besprechen. Der hatte zwar keine Ahnung von den Gedankengängen seiner Schwester, konnte jedoch dem Umstand der Erbschaftssteuer zu entgehen, etwas abgewinnen. Da er seine Schwester und deren Drang vonwegen „alles haben wollen“ von Kindesbeinen her kannte, informierte er sich.

Er wollte den Wunsch seiner Mutter, in ihrem Haus zu bleiben, festigen. Deshalb schlug er vor zusammen mit der Überschreibung, das lebenslange Wohnrecht und den Nießbrauch für die Mutter einzutragen. Bei diesen Vorbereitungen sickerte die Devise seiner Schwester durch „man weiß ja nie“ und sie beharrte darauf, auf sie eine Generalvollmacht auszustellen! Das wurde mit der Corona Pandemie und den Kontaktproblemen begründet.

Großmutter Erna war nicht wohl dabei und sie bestand darauf, wenn eine solche Generalvollmacht, dann auf ihre beiden Kinder, mit dem Zusatz, einer allein kann nicht entscheiden! Dies verzögerte erst einmal den Vorgang.

Erst als beim Notar, zeitgleich mit der Hausüberschreibung, die Generalvollmachten, im Sinne von Großmutter Erna unterzeichnet wurden, war sie zufrieden. 

Die Zeit ging ins Land. Großmutter Erna erwähnte Monate später gegenüber ihrer Tochter, die Lesebrille sei nicht mehr so gut. Innerhalb kürzester Zeit wurde von der Tochter ein Augenarzttermin organisiert, zu dem sie sich als Begleitperson anmeldete. Ganz nebenbei erwähnte die Tochter, es mache Sinn, nach dem Arzttermin dieses Altenheim anzusehen, bei dem – laut Zeitung – einige Plätze frei seien. 

Erna fühlte sich unwohl, empfand es als unangenehm. Sprach es auch aus und es kam zu einer Auseinandersetzung. Sie wollte gar nicht zum Augenarzt. Ihr Plan war eine neue günstige Lesebrille zu kaufen, wie sie es seit Jahren praktizierte. Dementsprechend war Erna beim Arzt auch sehr zurückhaltend, sprach nicht viel. Dafür übernahm die Tochter das Wort und Erna entging nicht, dass diese den Arzt gut kannte. Die Unterhaltung der beiden ging um die Vorteile im Alter in einem guten Heim unterzukommen. Erna hörte gar nicht mehr zu, für sie war das kein Thema. Sie hatte ihr Zuhause, konnte selbst einkaufen, kochen und hatte Kontakte. Wusste um die Situationen, in denen die Einlieferung ins Altenheim notwendig sein kann, nämlich wenn Sicherheit und Wohlbefinden des älteren Menschen nicht gewährleistet sind. Nur das war bei ihr nicht der Fall. Deshalb fühlte sie sich auch nicht angesprochen.

Wer konnte ahnen, dass ihre Teilnahmslosigkeit bei der Unterhaltung zwischen dem Arzt und der Tochter, als beginnende Demenz auf einem Schreiben des Arztes über ihren Gesundheitszustand auftaucht?!

Bei der Rückfahrt vom Arzt wunderte sich Großmutter Erna als ihre Tochter auf dem Parkplatz des Altenheims anhielt. Auf Rückfrage kam die Antwort: „Lass uns doch einfach mal reinschauen, man weiß ja nie“ um einen weiteren Konflikt zu vermeiden, willigte sie ein.

Zu diesem Zeitpunkt ahnte die Seniorin nicht, dass ihr Umzug ins Altenheim von ihrer Tochter fest eingeplant war und sie längst in Gesprächen mit dem Altenheim war. Ernas Desinteresse bei der Besichtigung, war ein weiteres Puzzlestück, den Verdacht einer beginnenden Demenz zu festigen.

Nur über diesen Weg war es möglich, den Wunsch der Tochter umzusetzen das Haus zu verkaufen. Nach der Berechnung der Tochte, reichte die Rente von Erna und das Barvermögen aus, um die letzten Jahre im Heim finanzieren zu können.

Ernas stabiler Gesundheitszustand, ihre Sicherheit, allein leben zu können, musste Stück für Stück ins Wanken gebracht werden. So konnte der 300 km weiterlebende Bruder von der Notwendigkeit, Mutter muss ins Altenheim, überzeugt werden. Erst dann, würde die Klausel Wohnrecht wegfallen. Und das Elternhaus könnte bereits zu Lebzeiten veräußert werden.

Da der Sohn seine Schwester und ihre Ziele ahnte, besuchte er spontan für ein paar Tage die Mutter. Verwundert stellte er fest, wie offen Erna aussprach, dass sie überzeugt sei, es gehe der Tochter um den Gewinn beim Hausverkauf, der nicht möglich wäre, wenn sie nicht auszieht. Deshalb habe sie sich bei einer Beratungsstelle über gesetzliche Bestimmungen in Bezug auf Einlieferung ins Altenheim, sowie über Entmündigung informiert. Außerdem bestehe sie auf einer Untersuchung, nach der ihr körperlicher und geistiger Zustand diagnostiziert werde. Sie wolle dokumentiert haben, dass sie in der Lage sei, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen.

Im Gespräch mit der Schwester gab diese zu, dass sie das Elternhaus über ihren Sohn, der bei der Bank arbeitete, schätzen lies. Sie wusste auf den Cent genau, was der Verkauf – für jeden der Geschwister – bringen würde.

Der Fall von Großmutter Erna, ging nur gut aus, da der Sohn sich auf die Seite der Mutter stellte. Bei ihm die Lebensleistung der Eltern an erster Stelle stand. Er wusste, nur über diese kam zukünftiges Erbe zustande. Vor allem wollte er die Bedürfnisse und Wünsche der Mutter respektieren und ihre Würde geschützt sehen.

Großmutter Erna war, mit nun über achtzig Jahren eine wichtige Erfahrung reicher. Blut ist nicht immer dicker, wie Wasser. Insbesondere kommt dies vor, wenn es ums Erben geht! Durch Ernas Drängen, das Umschreiben im Grundbuch und die Generalvollmacht nur zu akzeptieren, indem beide Kinder eingetragen werden und einer allein nichts entscheiden kann, dazu ihr Sohn sie unterstützte, konnte sie in ihrem Haus weiter wohnen bleiben.  RH

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Bundestag – über Diäten, Fresssucht und Gier

Passend zu der heutigen Diskussion der Bundesregierung, über Sparmaßnahmen im Haushalt, wieviel Geld die Regierung in den nächsten Jahren ausgeben will, richte ich heute den Blick auf den größten Berliner Selbstbedienungsladen. Was sich dort abspielt, ist die Methodik der Redefinition. Begriffe sinnverdrehend anders zu verwenden. Fest mache ich dies an dem Wort „Diäten“ wie die Bezahlung der 736 weiblichen, männlichen und diversen Abgeordneten genannt wird.

Die Abgeordneten des Bundestags haben im Juli wieder allen Grund zum Jubeln. Von Sparen ist da nicht die Rede. Denn sie erhöhen sich automatisch ihre Diäten einmal mehr – und das kräftig! Es wartet sogar die dickste Erhöhung seit 2015 auf die Bundestagsabgeordneten. Da wird trotz leerer Kassen kräftig zugelangt. Immerhin gibt es 351 Euro im Monat.

3,4 Prozent mehr Geld für jeden Abgeordneten

Das geht aus vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes zur Entwicklung der Nominallöhne im vergangenen Jahr hervor. Die Lohnentwicklung ist nach dem Abgeordnetengesetz maßgeblich für die Diätenerhöhung im folgenden Jahr. Das automatische Erhöhungsverfahren wurde 2016 eingeführt. Seither muss der Bundestag nur einmal zu Beginn der Legislaturperiode beschließen, an dem Automatismus festzuhalten. Eine neue Debatte im Bundestag oder eine Abstimmung darüber ist nicht nötig.

Die Diäten klettern ab Juli 2023 von 10.323,29 € auf 10.674,28 € im Monat.

Diese sogenannten Diäten gibt es in Deutschland seit 1906, davor war die Mitgliedschaft im Parlament ehrenamtlich. 1975 wurden die Abgeordneten vom Bundesverfassungsgericht durch ein „Diäten-Urteil“ verpflichtet, selbst über die Höhe ihrer Entschädigung öffentlich zu beschließen. Das Urteil besagt, die Abgeordneten erhalten für ihr Mandat eine Entschädigung, mit der Verdienstausfälle ausgeglichen werden sollen! Übrigens auch für die Abgeordneten, die vor ihrem Eintritt in den Bundestag, gar keinen Verdienst hatten!

Die Abgeordnetenentschädigung beträgt seit dem 1. Juli 2023 monatlich 10.674,28 € neben den „Diäten“ haben diese 736 Personen einen Anspruch auf Amtsausstattung und sie bekommen eine steuerfreie Kostenpauschale. Diese wird jährlich zum 1. Januar an die Lebenshaltungskosten angepasst und liegt im Moment monatlich steuerfrei bei 4.725,48 €. 

Und hier eine kleine Aufstellung der „Diäten“ rückwirkend nur bis 2012, weshalb ich – allein durch die Geschwindigkeit der Erhöhungen – auf den Begriff „Fresssucht“ und „Gier“ kam.   

Die monatlichen Diäten 2012: 3.369 Euro – 2013: 3.477 Euro – 2014: 3.498 – 2015: 3.526 Euro -2016: 3.601 Euro –2017: 3.742 Euro- 2018 monatlich 3.840 Euro

Seit dem 1. Januar 2020 gab es einen sichtbaren Sprung bei den „Diäten“ für die Mitglieder des Abgeordnetenhauses nämlich eine Grundentschädigung über 6.250 Euro. Dies „Entschädigung“ soll Verdienstausfälle ausgleichen, die durch die Ausübung des Mandates entstehen.

Die sonstigen „Vergünstigungen“ wie Fahrten in öffentlichen Verkehrsmitteln usw. sowie zusätzliches Einkommen, sind hier noch gar nicht berücksichtigt.

Ein Blick auf die zusätzlichen „Diäten“ einiger Personen bestätigt das Parlament in Berlin ist ein Selbstbedienungsladen. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) kassiert als Amtszulage noch ca. 700 Euro mehr.  Auch die fünf Bundestagsvizepräsidenten/Innen erhalten, aufgrund einer Recherche von Bild noch eine halbe Diät als Zulage. „Ihre Bezüge steigen um 525 Euro auf 16.011 Euro“, lässt Bild wissen. Es geht keiner leer aus. Die Vorsitzenden der Bundestagsausschüsse, Enquetekommissionen und des Parlamentarischen Kontrollgremiums erhalten zusätzlich 404 € mehr – insgesamt 12.275 Euro/Monat.

In diesem Parlament, macht keiner einen Handschlag umsonst! Auch die Pensionen der Abgeordneten erhöhen sich. Nach einer Legislaturperiode bekommen die Parlamentarier dann schon 1068 Euro Pension. Das entspricht der Rente eines Durchschnittsverdieners nach knapp 30 Jahren!

Im Berliner Parlament stimmt das Sprichwort: „Die Gier wird niemals satt, bis sie das Maul voll Erde hat“

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Kasse fordert genaue Messung für Toilettenstuhl

Aufgrund meiner intensiven Recherchen für die Aktion „Courage Ü 60 –Schluss mit Tabuthemen“ und zum Thema „Altersdiskriminierung“  bekomme ich täglich Informationen. Gerade im Gesundheitsbereich zeigt sich die Realität 2023. Vor der aufgeblasenen Verwaltung im Gesundheitssystems, den grandiosen Systemfehlern und den Folgen, warne ich über meine Bücher und Vorträge seit nunmehr 16 Jahren!

In dem hier geschilderten Fall, den ich von einem mir bekannten Arzt bekam, bleibt ungeklärt: Ob mal einer das Gehirn des zuständigen Krankenkassenmitarbeiters ausgemessen hat? Ob evtl. sogar ein Mikroskop benötigt wurde? Diese Frage stellt sich spätestens, nach der Schilderung des Arztes:

„Ich habe eine über 80 Jahre alte demente Patientin, deren Tochter und Enkelin sich um sie und den Haushalt kümmern. Windeln fürs Pipi braucht sie sowieso, sie ist adipös und hyperton. Sie ist völlig hilflos, kaum auf den Beinen, lieb und unkompliziert, tags vor dem TV auf der Couch, nachts im Bett.  Die Familie fragte um einen Toilettenstuhl neben dem Bett. Klar, bei Nacht sind der Weg zur Toilette zu weit, und die Putzerei zusätzlich belastend.

Ich rezeptierte mit genauer Begründung einen Toilettenstuhl wegen Inkontinenz, Sturzgefahr und  Demenz, Intertrigo. Weil die Patientin hinten aber zu breit ist, passt sie nicht auf einen normalen Klostuhl. Ich schreibe deshalb: „extra breit“ auf das Rezept. Nach etwa 10 Tagen kommt die Tochter und sagt, die Kasse möchte eine ärztliche Begründung für die Extragröße.

In stiller Wut ergänze ich das Rezept und vermerke handschriftlich darauf: „Begründung: Weil Patientin einen zu breiten A… hat. Es ist nicht so, dass die ganze Familie auf einmal Platz nehmen möchte“.

Beim Hausbesuch nach vier Wochen sehe ich einen wirklich extra breiten Toilettenstuhl neben dem Bett stehen. Ich freue mich, dass das so anstandslos geklappt hat.

Die Tochter: „Ja was glauben Sie denn Herr Doktor, anstandslos war das nicht! Die Krankenkasse hat uns noch einmal geschrieben und hat die Breite des Hinterns im Sitzen in Zentimetern haben wollen. Da haben wir die Oma nackert auf eine Zeitung gesetzt und rechts und links Kugelschreiber-Markierungen gemacht und das Ganze ausgemessen. Erst dann haben die den Stuhl genehmigt.“

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