Wochenhalbzeit im Blick – Neid und die Folgen

Der Anlass waren gesellschaftspolitische Verstrickungen, weshalb ich schon als junges Mädchen begann, mich mit Gesellschaftsphänomenen auseinanderzusetzen. Kein Wunder, ich bin geprägt von meinem politisch aktiven Vater, und meiner, im christlichen im Glauben, starken Mutter.

Man benötigt kein Soziologiestudium, um zu erkennen, wie sich in allen Gesellschaftsschichten der Faktor Neid auswirkt. Böse Zungen behaupten, Deutschland sei die neidischste Nation der Welt .

Es gibt sogar Institute die Auswertungen machen, ob im Westen oder im Osten der Neidfaktor größer ist. Eines steht auf jeden Fall fest: Sobald jemand erfolgreich ist und der Erfolg wird in den Medien thematisiert, kann man eine Wette eingehen, dass diese Person in den darauffolgenden Wochen in irgendeiner Zeitung, irgendeiner Fernsehsendung negativ zerrissen wird.

Es scheint ein Gesellschaftsspiel zu sein, dass sich Erfolgreiche nicht lange an ihrem Erfolg freuen können. Sicher steht schon irgendwo ein Schmutzkübel bereit, den man dem Erfolgreichen überleeren kann.

Besonders die sogenannten „Besserverdienenden“ stehen im Schussfeld der gesellschaftlichen Ächtung. Durch eine Information aus dem Freundeskreis wurde ich aufmerksam und fing an, ganz intensiv die Folgen von Neid zu hinterfragen. Es ging um einen Mann, der ganz dringend zwei Kilometer von seinem Haus entfernt eine Möglichkeit suchte, eine Garage zu mieten.

Grund war der Neukauf eines Autos. Er wollte nicht, dass die Nachbarschaft dieses neue Auto zu Gesicht bekommt. Seine Sorge war nicht ganz unbegründet, denn zwei seiner Nachbarn kündigten ihm die Freundschaft, als er sich mit seiner Frau ein Jahr zuvor eine Reise nach China leistete. Es wurde hinter vorgehaltener Hand getuschelt und man schnitt ihn und seine Frau wann immer es ging.

Aufgrund diese Erzählung begann in unserem Freundeskreis eine heftige Diskussion über den Faktor Neid. Obwohl ich zu Beginn der Diskussion es als völlig überzogen ansah, wie sich dieses Ehepaar, wegen dem neuen Auto verhielt, musste ich nach einer gewissen Zeit zugeben, dass die Argumente was den Neid betrifft, nicht von der Hand zu weisen sind.

Wer traut sich denn schon tatsächlich, über sein Einkommen zu reden. Nicht mal im engen Freundeskreis, auch nicht in der Familie.Wie oft werden Kinder angehalten: „Kein Wort davon, dass wir eine neue TV Anlage haben“ sonst werden die Leute nur neidisch. Oder, der/die muss eine Menge verdienen, wenn sie sich laufend so teure Anschaffungen leisten können.

Wer anfängt genau hinzuhören und diesen Aspekt des Neides betrachtet, dem fällt auf, was fast nie gesagt wird. „Der/die hat Erfolg, deshalb können die sich das leisten.“ Oder: „Toll was die sich leisten können, das freut mich.“

Manches mal führt der Neid sogar zu existenzbedrohenden Situationen. Das zeigen die Intrigen und Diffamierungen denen Erfolgreiche oft ausgesetzt sind. Schadenfreude ist die Zwillingsschwester vom Neid.

Da bricht spontan Freude und Lachen aus, wenn es einem Erfolgreichen in irgendeiner Weise schlecht geht. Ein neidischer Mensch entwickelt auch unglaubliche Kreativität um den Beneideten zu schaden. Prominente können  ein Lied davon singen, wenn sie in Talkshows lächerlich gemacht werden und die Nation sich auf dem Sofa zu Hause vor Begeisterung auf die Schenkel schlägt.

Vielleicht kommt in unserer Gesellschaft, ein Teil der Stagnation, sowie die gefrustete Stimmung daher, da sich zu wenige trauen, offensiv und öffentlich erfolgreich zu sein. Es ist völlig daneben anzunehmen, dass derjenige, der erfolgreich ist, nicht gleichzeitig wahrnimmt wo es für andere Probleme gibt.

Das ganze Neidsyndrom fängt bereits im Kindesalter an. Schüler die leicht lernen und deshalb erfolgreich sind werden von ihren Mitschülern als Streber abgestempelt. Ein alter Spruch lautet: „Jeder Erfolg kostet Freunde!“ Leider hat der Erfolgreiche nicht die Möglichkeit mit seinen Neidern zu diskutieren, denn die stehen im lachend gegenüber und heucheln oft Freundlichkeit vor. Hinter dem Rücken wird aber gestichelt und so lange gesucht, bis man einen Punkt findet an dem man den geneideten Erfolg ankratzen kann.

Als ich begann,verschiedene, selbst durchlebte Situationen mit dem Neid zu analysieren, wurde mir klar: Die längst überfällige Diskussion, über die Zerstörungsmechanismen, mit denen der Neid einhergeht, sollte breit thematisiert werden!

Wie soll man reagieren? Das war auch Gegenstand unserer Diskussion. Ist übergehen besser oder die totale Konfrontation mit den Neidern? Kann man sich rechtfertigen für seinen Erfolg? Oder soll man lieber auf Tiefstapler machen um den Neid im Umfeld nicht zu wecken?

Nach dem interessanten Abend in einem der Round-Table-Gespräche in unserem Künstlerhaus, bei dem wir die Diskussion über den Neidfaktor führten, habe ich am Ende für mich selbst entscheiden.

Neidern begegnet man am besten, wenn man erfolgreich ist und bleibt und nicht noch, durch Misserfolg deren Schadenfreude schürt.