Verstorben–Vererben –Verdrängen und die verstummten Entsetzten!

Im Reich der Zwecke hat alles entweder einen Preis, oder eine Würde! (Immanuel Kant)

Das Jahr neigt sich dem Ende zu. Der Sommer ist mit der Umstellung der Uhren offiziell vorbei. Alles ist reguliert. Der Reformationstag am 31. Oktober und Allerheiligen am 1. November sind christliche Feiertage. Am 2. November ist Allerseelen. An diesem Tag soll an die Verstorbenen erinnert werden.

Die Friedhöfe sind in dieser Zeit gut besucht. An manchem Grab ist sichtbar, wer vergessen ist. Die anonymen Grabreihen werden immer mehr. Wer hat heutzutage noch Zeit ein Grab zu pflegen? Da spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Ob Entfernung oder Finanzen, bis hin zu „Zeitverschwendung“ und dem Gedanken „geht mich doch nichts an!“ Dazu kommt: Von der Wiege bis zur Bahre, ist der Mensch vor allem Ware. Geschäftsmodelle der Vorsorge nachdem Ableben haben Hochkonjunktur. Erstens will „man“ ja niemanden belasten und dann höre ich oft „nach mir die Sintflut, Tod ist Tod!“  

Was gebe ich dafür, wenn die tatsächlichen Gedanken der einzelnen Trauernden sichtbar werden könnten? Grabsteine, selbst die kleinsten Schilder an den Bäumen, unter denen die Asche vergraben wurde, erzählen könnten, was dieser beigesetzte Mensch unausgesprochen mit ins Grab nahm!? An der Beisetzung viel zu vieler Menschen, trauert tief verschleiert ihr ungelebtes Leben!   

Sie lassen mich nicht los, die Gespräche mit den vielen Erbschleicher – Geschädigten! Sie sind zu oft traumatisiert, sprachlos und hilflos diesen Gefühlen ausgeliefert.  Unbeabsichtigt wurde mit meinem Tatsachenroman „Erbschleicher und sonstige Verwandte“ eine Schleuse geöffnet!

William Shakespeare sagte: „Der Kummer der nicht spricht, nagt am Herzen bis es bricht“

Um die Folgen von unserem eigenen erlebten Familiendrama greifen zu können, verarbeitete ich es durch aneinandergereihte Buchstaben. Über das Buch entwickelte sich ein Netzwerk der verstummten Entsetzten. Nach wie vor plädiere ich dafür, nicht auszublenden was schiefgelaufen ist. Wahrnehmen um was es tatsächlich geht und ging. Wenn Dramen entstehen, ist es nicht nur das „Erbe“ in Form von Geld und Gut. Oft lässt der Bruch der Familie und die Enttäuschung was hinter den verschiedenen Rücken alles abgelaufen ist, Betroffene in die Knie gehen! Dazu kommt die Scham solche Blutsverwandte zu haben!

Vor allem nach meinem Vortrag „Erbschleicher und die Folgen“ erfahre ich von dem Schweigen, dem eigenen sozialen Umfeld gegenüber. Der Satz „das kann ich doch niemand sagen, wie die eigenen Verwandten agieren, wie sie verletzen, mit allen Bösartigkeiten auffahren“ gehört zur Standardaussage.

Erst letzte Woche stand ich in einem Garten in Ulm vor einem wunderschönen, vollmöbilierten, jedoch verwaisten Haus. In ihm lebte ein Ehepaar deren Leben aus Arbeit und Fürsorge für die drei Kinder bestand. Als Eltern gaben sie alles. Sie bauten ebenso ein erfolgreiches Unternehmen auf. Die damit verbundenen Risiken nahmen sie auf sich. Ja, sie brachten es zu was, wie man im Schwabenland sagt!

Nun würden sie sich als Großeltern im Grab umdrehen, wenn sie erleben würden, wie sich eine ihrer Enkelinnen nach ihrem Tod zum gierigen Monster, ohne Hemmungen entwickelte. Großmutter Ilse hat nach dem Tod ihres Mannes zwar alles großzügig geregelt. Niemanden vergessen. Die Tochter von Ilse hat mit ihrem Mann auf viel verzichtet zu Gunsten ihrer eigenen Töchter. Doch eine Enkelin von Großmutter Ilse bekommt den Hals nicht voll! Ihr Erbe, sowie die zusätzlichen Zuwendungen auf den Konten mit vielen, vielen Nullen…reichen ihr nicht, sie will mehr, sie will alles! Die Frage, seit wann diese frühere liebenswerte und hilfsbereite Tochter und Enkelin ihre Wesensart um 180 Grad veränderte, beschäftigt die ganze restliche Familie. Vermutet wird, dass hier Manipulation und die Geldgier ihres Partners eine Rolle spielt. Allein der protzige Lebenswandel lässt erahnen, weshalb das Erbe dringend benötigt wird. Traurig für die Eltern zusehen zu müssen, wie sich ihre Tochter veränderte. Zumal diese ganze Entwicklung so gar nicht zu der Kernfamilie und der Erziehung der Tochter passt. Gerichte und Anwälte sind nun beschäftigt, um sich hin und her Papierberge zu senden. Auch hier ist einmal mehr, eine Familie emotional zerbrochen. In dem Fall, an der Gier der Enkelin von Großmutter Ilse!

Allen verstummten Entsetzten wünsche ich gerade an diesen kommenden Tagen Kraft. Wir sollten nie Furcht davor haben auszusprechen, was verdrängt wurde. Ich plädiere für Offenheit. Übrigens egal was es ist und wer es ist: Wenn es den inneren Frieden kostet – ist es zu teuer! Verschwende nicht deine Zeit gegen eine Wand zu treten, in der Hoffnung sie in eine Türe zu verwanden. RH