IGEL

Es gibt sie – Ärzte die nicht nur medizinische Geschäftsleute sind!

Fortsetzung Nr.9: Patientenleben als Abrechnungsziffer

Es gibt Tage, die haben es in sich! Schwups bist Du gezwungen den Tag umzukrempeln! Der Zahn der Zeit nagt ohne Hemmungen. An diesem Montag den 14. Oktober im wahrsten Sinne des Wortes, in dem an meinen wunderbaren Beiserchen etwas brach. Sie lassen mich beim Essen kauen und wenn es sein muss kann ich sie auch vor Schmerz oder Wut zusammenbeißen. Vor allem kann ich mit ihnen wunderbar lachen. Was sind da ca. 90 km nach Kempten, für mich zum besten Zahnarzt der Welt? Der mir nicht nur meine jahrelange Furcht vor Zahnarztbehandlungen komplett genommen hat, sondern der mich trotz übervollem Terminkalender nie hängen lässt und diesen tollen Zustand, ungehindert essen und lachen – dank seinem hauseigenen Labor umgehend wiederherstellt!  

Diese 42.Woche im Oktober 2024 bleibt eine unvergessene Woche. Unsere Freunde aus Tirol kamen auf Besuch. Wir tauschen uns seit längerem über die verschiedenen Stolpersteine im Gesundheitswesen aus. Insbesondere wie sich solche Kameraden wie „Sir Schmerz“ – egal in welchem Land – durch Systemfehler ungehindert lange festkrallen können.  

Deshalb sind Lichtblicke in diesem, oft nervigen Leben mit „Sir Schmerz“ so wichtig. Und in dieser 42. Woche gab es gleich mehrere.

Der Zahnarzttermin verlief optimal. Trotzdem alle Behandlungszimmer, von allen behandelnden Ärzten/Innen besetzt waren, fand sich einer in dem ich professionell von der leitenden Oberärztin in der Zahnarztpraxis Tausend behandelt wurde. Das Labor leistete ebenso tolle Leistung und ich konnte lachend von Kempten heimfahren.

Aufgrund der bei mir mehrfach falsch diagnostizierten gesundheitlichen Probleme, mit der Folge jetzt CS zu sein, kam für mich die positive Erfahrung beim Zahnarzt gerade richtig. Obwohl Geduld nicht gerade mein zweiter Vorname ist, habe ich als chronische Schmerzpatientin gelernt Geduld aufzubringen. Durch meine tiefen Einblicke in unser Gesundheitssystem kenne ich sie, die seit Jahrzehnten festgefahrenen Systemfehler. Nur ist es ein gravierender Unterschied, ob ich darüberschreibe und referiere, oder sie erlebe.

Diesen Spruch, aller guten Dinge sind drei, kenne ich zwar aus einem anderen Zusammenhang, doch in der besagten Woche kam er bei mir auf Ärzteseite zum Tragen.

Gerade hatte ich mich gefreut, wie super das Zahnproblem gelöst wurde, kam Problem Nummer zwei um die Ecke. Und zwar über Nasenbluten. Früher gingen die Menschen ja zum Aderlass, nur bestimmt nicht durch die Nase. So stopfte ich, so gut es ging meine Nasenlöcher zu und wartete, dass es aufhörte zu bluten. Doch den Gefallen tat mir meine Nase nicht!

Die Nacht verging schleppend. Ich saß mit gepamperter Nase im Wohnzimmer. Mein Mann ging nicht ins Bett. Wir konsumierten die nächtlichen Wiederholungen der öffentlich-rechtlichen Sender. Ich wechselte im Bad die durchgesaugten Stopfer in der Nase. Wartete und schaute zu wie mein schönes Blut ein paar Sekunden einfach in den Ausguss gelaufen ist. Stopfte es zu bis zum nächsten Wechsel! Am Morgen hatte sich meine Nase beruhigt. Lesen ging nicht, da ich den Kopf immer nach oben halten musste. Der Fernseher lief immer noch. Beim Morgenmagazin schliefen wir tatsächlich für kurze Zeit ein. Als ich aufwachte war ich irritiert, bis ich spannte die Beiträge wiederholen sich im 30 Minuten-Takt! Der Ausschalter beendete die flimmernden Wiederholungen. Im Bad sah ich mich im Spiegel, irgendwie ähnelte ich Tieren mit großen gebogenen Stoßzähnen. Einen Moment überlegte ich, ob ich die Rolltechnik der aufsaugenden Taschentücher patentieren lassen sollte. Immerhin versuchten mein Mann und ich einige Techniken aus, bis es funktionierte. Und dann produzierten wir sie in Masse im Voraus. So konnte ich sie wunderbar wechseln, wenn sie sich vollgesaugt hatten.

Den zweiten Lichtblick im Tunnel von unserem Gesundheitsystem, erlebte ich beim HNO Arzt in Neu-Ulm. Immerhin lief der rote Lebenssaft seit über 20 Stunden aus meiner Nase. Ja, ja ich höre sie die Stimmen – dafür gibt es doch die Notfallaufnahme in der Klinik – stimmt, zeitgleich gibt es aber dort massive Personalnot. Überarbeitung des Personals und leider dutzende Menschen, die aufgrund der Wartesituationen in den Arztpraxen sich dort hinbegeben.

Mir war klar, wenn ich nicht umgehend dieses Nasenbluten bei einem Arzt klären lasse, wird es eng. Denn mehr als 6 Liter Blut habe ich ja nicht. Doch da ich einen solchen unfreiwilligen Aderlass vor Jahren schon einmal hatte, dieser ebenso beim HNO Facharzt gestoppt wurde, rief ich genau in dieser Praxis an. Und wieder hieß es – trotzdem alles voll ist kann ich umgehend kommen. Und so musste ich eben nicht in die Notaufnahme. Selbst die obligatorische Frage bei jedem Arzttermin: „Sind sie privat oder gesetzlich versichert“ wurde nicht gestellt. Wir sind sofort losgefahren. An der Ampel sah mich ein Mann sehr komisch an. Verständlich, ich saß im Auto auf dem Beifahrersitz mit meinen super langen Rollen in den Nasenlöchern. Es sah aus wie die Zähne von einem Walross!   

Beim HNO Arzt Dr. Brommer fällt sie immer weg, die Spannung die besonders Kassenpatienten bei Arztbesuchen erleben. Es sind die festzementierten Systemfehler die diese Spannungen auslösen.

In der Ruhe liegt die Kraft, müsste in der Praxis dieses HNO Arztes stehen. Meine selbstgemachten Rollen wurden entfernt und mein brüchiges Nasengewebe mit Lokalanästhesie verödet. Im PC sah der Arzt, dass ich ja schon öfter diese Art des „Aderlasses“ hatte. Immer im Abstand von 3-5 Jahren! Keine Ahnung woher das kommt. Aus meiner Sozialarbeit kannte ich es von Koksern. Da dies bei mir aber sowas von komplett wegfällt, könnte es sein, dass meine Nase zu oft den Geruch von gesellschaftlich ätzenden Situationen wahrnimmt!!

Nun werde ich das innere meiner Nase eben wie meine Außenhaut pflegen. Und das mit meinen selbstgemachten Rollen hat sich erledigt! Es gibt Nasentampons mit Salbe getränkt.  

Ich bekam ein grünes Selbstzahler – Rezept für die spezielle Nasensalbe und ein Nasenspray. Weshalb bei nachweislich notwendigen Mitteln, die Kasse da beim Zahlen kneift, ist ein anders Thema. Ich holte mir auch die speziellen Tampons. Nennt man Investition in präventive Maßnahmen! Nur, in diesem Bereich der selbstfinanzierten Prävention, sind mein Mann und ich sehr gut und gern dabei. Ansonsten hätte mich übrigens meine Situation als CS Patientin komplett umgehauen.  

Die dritte gute Erfahrung in der 42. Woche im Oktober war am Freitag, also Ende der Woche. Es stand mein CS bedingter wichtiger Kontrolltermin beim Augenarzt Dr. Nietgen in Ulm an. Er hat mich und erst kürzlich meinen Mann an beiden Augen operiert. Dazu einige aus unserem Freundeskreis, denen wir von seiner professionellen und tollen Art im Patientenumgang erzählten!

Jetzt kann mir durch meine Erlebnisse Einseitigkeit vorgeworfen werden. Dem möchte ich sofort widersprechen. Aus meinen eigenen Erfahrungen wird die Liste der Ärzte – die ich so wie die Beschriebenen erlebte – nur um zwei Gynäkologen und einigen Hausärzten erweitert. Ansonsten ist die Zahl derer, die durch Systemfehler bedingt – mehr medizinische Geschäftsleute sind – anstatt Ärzte in meinen Unterlagen etliche Seiten lang! Und zwar nicht geschätzt, sondern aufgrund mir vorliegenden Informationen von betroffenen Patienten und Patientinnen!!  Und täglich werden es mehr.

Fortsetzung folgt

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Monopoly beim Arztbesuch

Fortsetzung 6

Als Vorlage für das Monopoly Spiel diente „Landlord’s Game“ ein 1904 von Elizabeth Magie patentiertes Brettspiel. Es sollte die Gefahren aufzeigen, die ein monopolistischer Landbesitz mit sich bringt. Ähnlich sind die Gefahren durch die Systemfehler im Gesundheitswesen. Wie z.B. die Machtstrukturen in Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen. Die breite Ärzteschaft mit Kassensitz, hat sich diesen Fehlern angepasst und auf ihre Weise reagiert. So sind wir, als Patient und Patientin, im Ärztemonopoly die verschiedenen Straßen geworden. Als Kassenpatient sind wir die Badstraße und der Privatpatient die Schlossallee. Diesen Status können wir als Selbstzahler (einen schnelleren Termin) oder durch den Kauf von Individuellen Gesundheitsleistungen (IGEL) erreichen.

Die Abrechnung im Gesundheitswesen erfolgt bei uns gesetzlich Versicherten über standardisierte Ziffern, die bestimmte Leistungen oder Behandlungen repräsentieren. Diese Ziffern sind entscheidend für die Vergütung von Ärzten. Als Kassenpatient erfahren wir nicht was die behandelte Ärzteschaft bezahlt bekommt. Einer der Systemfehler mit Folgen. Was passiert, wenn das Patientenleben zur Abrechnungsziffer wird, habe ich erlebt.

Die Frage, inwieweit die Lebensqualität und die individuellen Bedürfnisse der Patientenschaft, durch diese Abrechnungssysteme belastet werden, ist unbeantwortet. In den vielen Jahren, seit ich mich mit diesen Strukturen im Gesundheitswesen und der – oft absurden – ärztlichen Berufspolitik intensiv beschäftige, habe ich genau diese Frage immer wieder gestellt. Bestätigt wurde ich, bei den Recherchen für meine Bücher über das System. Laufend stieß ich auf Menschen, die längst in diesem Spiel in der ärztlichen „Badstrasse“ festsitzen!

Beim Monopoly wird mit einer bestimmten Anzahl Spielern gespielt. In unserem Gesundheitsmonopoly werden die Kassensitze als Startkapital von den Spielleitern in den Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen verteilt und kontrolliert.

Und wie beim Monopoly gibt es Strategien für Sieger.

Im Spiel heißen die Strategien z.B:

Kaufen sie Bahnhöfe – kaufen sie orangefarbene Straßen – bauen sie kein Hotel – tauschen sie sich reich

Im Spiel in der Arztpraxis heißt es z.B:

Steuern sie gesetzlich Versicherte so, dass sie jedes Quartal kommen und sie die Karte einlesen können

Nutzen sie sämtliche Abrechnungsziffern bis zum Anschlag aus

Achten sie bei Rezeptvergaben auf Regressgefahr   

Erhöhen sie die schlechte Bezahlung von Kassenpatienten durch IGEL (Individuelle Gesundheitsleistung)

Auch im Gesundheitsmonopoly gibt es wie im Brettspiel einen Weg ins Gefängnis.

Eher selten, wenn ich an die – Systembedingten – schrägen Abrechnungsmöglichkeiten denke, auf die ich in einem Folgebeitrag speziell eingehen werde. Viel gewonnen wäre, wenn so mancher ärztliche Fehler offen aufgearbeitet würde. Vor allem wenn die Systemfehler dabei mitberücksichtigt werden und nicht – wie so oft – der alte Spruch von der Krähe greift!

Es hat einen Grund weshalb ich mich 2024 noch einmal tief in dieses Thema begebe. Der Satz eines Spezialisten, ich müsse lernen mit dieser Schmerzsituation für den Rest meines Lebens umzugehen, war eines der Schlüsselerlebnisse. Genau wie „vor 10 Jahren wäre da noch eher etwas zu machen gewesen!“ Welch eine Aussage! Ich war damals schon wegen derselben Probleme – als freiwillig versicherter Kassenpatient – in ärztlicher Behandlung. Also fing ich an genau diese letzten 10 Jahre anhand der Diagnosen, der Arztbriefe, Laborberichte, MRT und CT plus röntgen und Physiotherapien zu durchforsten. Rechnete hoch wieviel ich an Zusatzzahlungen sowie Zusatzinvestitionen seit über einem Jahrzehnt einsetze um Heilung zu bekommen!

Inzwischen habe ich einen Antrag bei meiner Krankenkasse gestellt und möchte – notfalls mit RA – gezielt meine Abrechnungsunterlagen einsehen. Der Grund liegt an den Arztbriefen, die mir inzwischen lückenlos vorliegen. Aus denen geht klar hervor, was der Spezialist andeutete. Aufgrund meiner Wirbelsäulen Diagnose, speziell HWS und LWS wurde über ein Jahrzehnt das Notwendigste versäumt. Ich wartete brav auf der Badstrasse, finanzierte mich selbst ab und zu über IGEL in die Schloßalle. Nun haben mir Neurochirurgen von einer Operation – aufgrund des Risikos – abgeraten. Damit muss ich nun lernen umzugehen. Mach ich jeden Tag aufs Neue. Nur akzeptieren werde ich es nicht, dass meine, inzwischen chronischen Schmerzen nicht sein müssten ……, wenn, ja wenn ich nicht bereits vor 10 Jahren nur wie eine Abrechnungsziffer behandelt worden wäre!

Fortsetzung folgt

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Patientenleben als Abrechnungsziffer

Teil 4: Alter Wein in neuen Schläuchen

Gut platziert hängen sie für uns in den Wartezimmern, die Plakate, auf denen die Rechtfertigung steht, weshalb wir gesetzlich Versicherten solange u.a. auf einen Arzttermin warten müssen!

Die KVBW (Kassenärztliche Vereinigung Baden- Württemberg) formuliert für die Ärzteschaft:

„Erstklassige Behandlung MACHEN WIR!

Schnelle Termine: KÖNNEN WIR LEIDER NICHT IMMER ANBIETEN

Die Mittel für die medizinische Versorgung sind von der Bundesregierung gekürzt worden. (..)

Auf weiteren Plakaten vom MEDI Verbund Baden-Württemberg, (einem Zusammenschluss von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten und Psychotherapeutinnen und – Therapeuten aller Fachrichtungen) ist zu lesen:

„Wir kämpfen für Ihre medizinische Versorgung- Machen Sie mit!

Ihre Wartezeiten für Arzttermine werden immer länger?

Ihre Ärztinnen und Ärzte haben leider immer weniger Zeit für Sie?

Sie erreichen Ihre Praxis telefonisch nicht mehr?  

Sie haben Probleme, Ihre Medikamente zu bekommen?

Sie finden gar keinen Arzt, keine Ärztin mehr?

Die Politik hat dazu beigetragen, dass sich die ambulante Versorgung drastisch verschlechtert hat. (…)

Es ist dasselbe Ziel, dass Sie und uns verbindet. (..)

Ihr Praxisteam

Das ist Lügen durch Weglassen!

Denn die Wartezeiten, um einen Arzttermin zu bekommen liegt nicht an „der Politik“ sondern ausschliesslich an der Entscheidung von Gesundheitsminister Lauterbach SPD.

ER war es, der der Ärzteschaft Geld, nämlich in Form einer Abrechnungsziffer, die von seinem Vorgänger Spahn CDU für die Aufnahme von neuen Patienten/Innen eingeführt wurde, gestrichen hat. Heißt im Klartext: Da die Ärzteschaft dieses Geld nicht mehr bekommt, wird eben kein neuer Patient/Patientin aufgenommen. Man schiebt den Termin weit hinaus. Hier liegt der wahre Grund weshalb wir Kassenpatienten gigantische Wartezeiten haben.

Hier ein Auszug aus den KV Unterlagen:

(..) Regelung als Anreiz neue Patienten aufzunehmen

Die Neupatientenregelung wurde vor drei Jahren mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz eingeführt. Ursprünglich ist vorgesehen, dass die Krankenkassen zusätzliche Finanzmittel bereitstellen müssen, damit Versicherte schneller einen Termin bekommen beziehungsweise einen Facharzt konsultieren können. Leistungen für die Behandlung von Patienten, die erstmals oder erstmals seit mehr als zwei Jahren wieder in der jeweiligen Arztpraxis behandelt werden, sollten in voller Höhe vergütet werden. (..)

Genau diese Unzufriedenheit in der Ärzteschaft und die Folgen für uns Patienten, haben mich 2007 dazu gebracht in die Tiefen der ärztlichen Berufspolitik einzusteigen. Fast identisch, wie vor 17 Jahren, sind die Unzufriedenheitsbekundungen der Ärzteschaft, was die Bezahlung betrifft, die sie für die Behandlung von Kassenpatienten bekommen. Teilweise ist der ärztliche Frust und die Entwicklung für uns als Kassenpatienten, wortwörtlich in meinen Büchern über das Gesundheitssystem und in meinem Blog dokumentiert. Leider handelt es sich bei den jetztigen Beschwerden der Ärzteschaft um „neuen Wein“ in „alten Schläuchen“ Nichts hat sich geändert! Als Privatpatient bekommt man nach wie vor umgehend einen Termin. Als Kassenpatient wirst du, wenn du einen Termin bekommen hast, immmer öfter, ähnlich wie beim Haustürengeschäft, mit individuellen Gesundheitsleistungen (IGEL) „versorgt“ um die finanziellen Lücken in der Arztpraxis zu schließen!! Ergo: es hat sich nichts geändert, nach wie vor sind wir es als Kassenpatienten, die den Frust der Ärzte ausbaden!  

Fortsetzung folgt

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