Sonntagsgedanken-Feindbild ein Wort mit Folgen

Unsere Sprache verändert sich. Auch hier passen wir uns den Gegebenheiten an. Jeder wird zum gefühlten „Feind“ wenn er nicht ins Schema passt. Wir benutzen kriegerische Worte in unserem täglichen Sprachgebrauch. Da „schießen wir aus vollen Rohren“ oder geben jemanden „einen vor den Bug“ und wir gehen in Deckung, wenn jemand beruflich „abgeschossen wird“ Wir fahren „schwere Geschütze auf“ wenn sich jemand an der Kasse im Supermarkt vordrängt. Wir sind durch Worte täglich angekommen – im Krieg!

Mobbingberater haben Hochkonjunktur. Intrigen am Arbeitsplatz werden zu Alltäglichkeit. Worte werden zu Gewalt, da wir urteilen. Wann fängt es eigentlich an, dieses Verletzen mit Worten? Feindbilder werden manifestiert und unverrückbar. Fremdes wird zum Objekt der Betrachtungsweise über das wir dann urteilen. Ohne Verhandlungen ohne, dass wir registrieren, dass dieses Objekt ein Mensch ist. Hat sich unser Weltbild so verschoben, weil der breiten Masse gar nicht mehr auffällt, dass längst Unrecht als Recht deklariert wurde? Gerade im Fall von Verurteilen, entwickelt sich in der Folge Rufmord, zeigt sich längst die gängige Praxis, dem der Betroffene wehrlos ausgeliefert ist.

Brauchen wir sie die Feinde die Kleinen wie die Großen? Wohin sie uns führen, im Kleinen wie im Großen, erleben wir als Zuschauer in jeder Nachrichtensendung. Wir haben verlernt uns auseinanderzusetzen. Im Kleinen wie im Großen!
Globale Firmenstrukturen machen uns Angst, weil wir nicht mehr erkennen, wann uns Entscheidungen treffen. Auseinandersetzung findet überhaupt nicht mehr statt. Es wird nur noch konsumiert Ware ebenso wie Information. Wir treiben einfach mit, in den politischen und wirtschaftlichen Strömungen.
Nur registrieren wir nicht mehr, was es bedeutet, wenn das gesellschaftliche Miteinander aus den Fugen gerät. Wir fühlen es, ohne zu reagieren. Erleben die Spuren, die immer mehr Arbeitslose, Existenzgefährdete, im gesellschaftlichen Miteinander hinterlassen.
Umso mehr die Angst um das existenzielle Leben wächst, umso leichter ist es Feindbilder zu manifestieren Desinteresse macht sich breit. Und hier ist der Boden auf dem leicht Feindbilder hochgezüchtet werden. Und da sind sie: Die unüberbrückbaren Risse, die diese negative Stimmung in die Gesellschaft reißen.

Die Stimmen, die sich aus Politik, Wirtschaft und Kunst einer solchen gefährlichen Entwicklung rhetorisch entgegenstellen, sind ebenfalls (fast) verstummt. In politischen Kreisen wird populistisch der Gegner über Intrigen und falsche Darstellungen gemobbt und mit Feindbildern belegt. Wir werden in den nächsten Wahlkämpfen diesbezüglich noch einiges erleben.
Aus Angst wird Hass! Anstatt wir uns im täglichen Leben den Auseinandersetzungen stellen. Zuhause am Familientisch, im Freundeskreis, miteinander reden, offen aussprechen was uns bewegt, ängstigt, stört, sagen wir entweder nichts, oder rüsten wir sprachlich auf, und übernehmen sie, die kriegerische Terminologie.
Welche Gefahren uns drohen, darüber lesen wir täglich in der Zeitung. Rückblickend ist erkennbar, es wiederholt sich alles.
Im März 1996 hat der damalige amerikanische Präsident Clinton den Abgesandten von 26 Staaten zugerufen „Wir werden siegen“ Als sie sich damals im ägyptischen Scharm El Scheich versammelten. Das damalige Thema war der Kampf gegen den Terrorismus. 2025 treffen sie sich Regierungschefs aus 31 Staaten wieder in Scharm El Scheich um über Gazas Zukunft zu verhandeln. Die Lage in der Welt hat sich verschärft. Es vergehen keine Tagesnachrichten in denen nicht von Toten und Verletzten gesprochen wird. Weil irgendein Anschlag, irgendeine kriegerische Handlung irgendwo auf der Welt geschieht.
Es wird nicht mehr Krieg gespielt, es ist Krieg an vielen Ecken der Welt und wir passen uns an. Wir reden miteinander als seien wir mit jedem Wort – im Krieg!

Überall auf der Welt wächst die Angst vor Menschen untereinander und mit der Angst kommt der Hass. Manchmal frage ich mich, was werden kommende Generationen einmal sagen, wenn sie die Geschichtsbücher lesen? Und den wachsenden Hass, die Kriegsbereitschaft analysieren?
Sagen sie, der Mensch lernt nichts dazu? Oder sagen sie, es wiederholt sich alles?
Übrigens, diese Sätze, von wegen, ES darf nie mehr passieren, aus dem Mund der politischen Elite die es zu verantworten hat, oder die Gedenktage, an denen Kranzniederlegungen stattfinden, Politiker und Politikerinnen jeder Couleur, beschriftete Schleifen an den Kränzen glattziehen, die kenne ich nun seit Jahrzehnten. Und für mich sind solche Gedenktage – aufgrund der gesellschaftlichen Vorgänge – einmal mehr, durch politische Handlungen unglaubwürdig!