Sicko sorgt für kontoverse Debatten

Die anwesenden Ärzte, aber auch viele Patienten nutzten nach der Präsentation des Films Sicko von Michael Moore, in dem es um die Verhältnisse im amerikanischen Gesundheitssystem geht, die Möglichkeit, ihre Befürchtungen, und auch die täglichen Erfahrungen mit dem deutschen Gesundheitssystem öffentlich zu machen. Landtagsabgeordneter Martin Sailer, Mitglied im Gesundheitsausschuss des bayerischen Landtags, stand als einziger Vertreter der Politik 140 Zuhörern, darunter vielen Hausärzten, gegenüber. Dr. Simone Strohmayr (SPD) konnte wegen Krankheit nicht teilnehmen. Um eine sachliche Haltung hatte Sailer gebeten.

„Wir sind emotional, es geht um unsere Existenz!“, betonte dagegen der Moderator der Podiumsdiskussion, Dr. Wolfgang Krombholz, stellvertretender Landesvorsitzender des Bayerischen Hausärzteverbands, und machte deutlich, womit die Hausärzte kämpfen müssten: Zeitlimits für Beratungen, die mit drei bis sechs Euro vergütet werden; Regressforderungen, wenn wirksame, aber zu teure Medikamente verschrieben würden; ständige Nachfragen, ob Verschreibungen wirklich notwendig seien. Krombholz: „Ärzte sollten eigentlich ihre Zeit zur Versorgung ihrer Patienten nutzen können.“

Auch in Deutschland gehe der Trend im Gesundheitssystem immer mehr in Richtung Gewinnerzielung, bedauerten die Ärzte. Das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung sei am 1. April in Kraft getreten. Es stehe im krassen Gegensatz zum Solidaritätsprinzip, das Grundlage des deutschen Gesundheitssystems sein sollte. „Nur 15 Prozent der Gesundheitsausgaben werden für die Versorgung verwendet. Was passiert mit dem Rest?“, fragte Renate Hartwig, die eine Aktion Patient-informiert-sich.de ins Leben gerufen hat und aufrütteln will. „Das Verhältnis zwischen Hausärzten und Patienten wird von hirnrissigen Regeln belastet“, tadelte Dr. Kurt Michl (Buttenwiesen). Dr. Roland Ziegler: „Hier sind Ärzte existenziell bedroht. Wir fordern ein Verhandlungsmandat, damit wir auf Augenhöhe verhandeln können.“

Vertragsärzte haben aufgrund des Sicherstellungsauftrags kein Streikrecht. Sie haben auch kein Recht, bestimmte Krankenkassen anzuprangern, die von heute auf morgen aus dem System aussteigen. „Wir sind mundtot gemacht“, so Berger.

Mediziner wollen Kassen-Zulassung zurückgeben

Auch von der Politik werde man nicht ernst genommen: „Wir werden nächstes Jahr geschlossen unsere kassenärztliche Zulassung zurückgeben. Die Patienten behandeln wir natürlich weiter.“ Als echte Vertragspartner für die Krankenkassen möchten die Hausärzte für die Rechte der Patienten kämpfen, damit eine bürgernahe Versorgung auf Dauer möglich ist.