Nach amerikanischem Vorbild wird in unserem umgebauten Gesundheitswesen der Mensch zum Spekulationsobjekt, das Gesundheitswesen zum Markt, und die Heilung (wo sie noch stattfindet) zum Geschäft.
Durch das Raster dieser Ideologie fallen all diejenigen, die keine Kraft (mehr) haben zu kämpfen, weil sie durch ihre Krankheit auf die Hilfe eines wirklichen guten Gesundheitswesens angewiesen wären, das keiner anderen Option folgt, als dem maximalen Nutzen des wirklich kranken Menschen. Stattdessen wirtschaftet die Politik in die Bilanzen der Medizinkonzerne und Pharmaunternehmen; sie betreibt Wirtschaftsförderung statt Sozialpolitik. Fast alle Patienten haben das auf die eine oder andere Weise schon entdeckt, aber sie halten ihre persönliche Erfahrung für einen Zufall, den man nicht generalisieren kann. Nur, wenn tausendmal der gleiche „Zufall“ passiert, steckt System dahinter. Seit einem Jahrzehnt publiziere ich, wie perfide der „Zufall“ für die Kranken und die kleinen Rädchen im Gesundheitswesen (Ärzte, Therapeuten, Schwestern, Pfleger) organisiert ist. Die handelnden Personen rechnen mit der Komplexität der Verhältnisse und dass keiner mehr den Durchblick hat, wer nun wirklich noch das Interesse des Patienten im Blick hat und wer nur sein Schäfchen oder das Schäfchen eines Größeren, der ihn für seinen Schäfchensorge bezahlt, im Blick hat. In den Zentren der Macht, in den Kapitalgesellschaften, den Klinikkonzernen, der Medizinindustrie ist man sich sicher, dass die große Restrukturierung kommt, ja dass man mit Riesenschritten auf den Umbau nach amerikanischem Vorbild zuläuft. Dagegen stehen:
Ärzte, die mit ihrem einseitigen Blick auf Honorare, durch mangelnde Solidarität untereinander, eine breite gesellschaftliche Thematisierung der Probleme blockieren.
Völlig absurde Konkurrenzkämpfe, geführt auf der ärztlichen Funktionärsebene, zu der eigenen Besitzstandswahrung, den Umbau mittragen.
Ein personell ausgedünnter Pflegebereich, in dem das Pflegepersonal weit über die Schmerzgrenze belastet, keine Kraft mehr hat, sich zu wehren.
Millionen von gesetzlichen Kassenversicherten, die bis zu dem Moment, wenn sie es als Patient selbst betrifft, leider so tun, als ginge sie das alles gar nichts an.