Lebenserfahrung

Sonntagsgedanken

DIE MACHT DES FAKTISCHEN

Eine stachlige Raupe sprach zu sich selbst: Was man ist, das ist man. Man muss sich annehmen, wie man ist, mit Haut und Haaren. Was zählt, ist das Faktische. Alles andere sind Träume. Meine Lebenserfahrung lässt keinen anderen Schluss zu: Niemand kann aus seiner Haut. Als die Raupe dies gesagt hatte, flog neben ihr ein Schmetterling auf. Es war, als ob Gott gelächelt hätte. (Weingärtner)

Jedes Jahr, wenn im Oktober das letzte Quartal des Jahres beginnt, stellen wir fest, oh dieses Jahr ist besonders schnell vergangen.Haben wir einmal mehr unsere Vorsätze viel zu schnell verdrängt? Sind wir wieder in Hektik verfallen? Wenn der Herbst kommt und für mich viel zu früh, die ersten Weihnachtsdekorationen in den Regalen stehen, stellen wir fest: Auf der Seite der Freunde sind welche dazu gekommen. Und was wird mit denjenigen, die man nicht mehr treffen möchte? Denen geht man aus dem Weg. Zumindest haben wir uns das vorgenommen.

Schauen wir zum Ende des Jahres in die Politik, da sind welche gegangen und andere hinzugekommen. Und die Köpfe haben sich verändert, aber nicht die falschen Versprechungen. Der Behördenapparat hat sich viel zu wenig bewegt. Schreibtischtäter haben zugenommen. Die Auseinandersetzungen um die Sache sind nicht mehr möglich, ich vermisse konstruktive Streitkultur. Mit Entsetzen stelle ich fest, Vertuschen ist leichter als Enthüllung. Wieder haben wir zu wenig in eine bessere Lebensqualität investiert. Zu wenig sind wir gegen Ungerechtigkeit aufgestanden. Zivilcourage wird immer mehr zum Fremdwort. Heuchler und Diffamierer sind auch nicht weniger geworden.

Da sind sie,die massiven Bremser die uns behinderten in unserer Arbeit. Um uns wimmelt es von „Chamäleons“ mit dem Namen Anpassung. Und Feiglinge trotteten wie Schafe hinter vermeintlichen Anführern her. Dass viele von Veränderung reden, aber sie nicht durchsetzen, erleben wir täglich. Deshalb werden Mitläufer und Schweiger immer mehr. Und doch hatten wir verdammtes Glück trotz aller Schwierigkeiten. Es waren Diskussionen mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die uns mehr gebracht haben als so mancher Diskutier-Club von Experten. Jetzt rückt sie ganz schnell näher, die Zeit der Kerzen. Und doch haben wir immer noch zu wenig, um die Welt heller zu machen.

Noch ist Zeit, neue Vorsätze für das letzte Drittel im Jahr zu schmieden und durchzusetzen. Es liegt an uns selbst wie wir den Herbst nutzen. Wir sehen die Blätter von den Bäumen fallen, vergleichen wir diese Blätter mit den Zeiten, von denen wir annehmen, wir hätten sie vergeudet, liegen wir falsch. In jeder Zeit, die vergeht liegt Erfahrung – die zu nutzen – sie ins Positive zu verwandeln ist die Chance, lasst sie uns ergreifen!

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Frauentag 2025

Internationaler Frauentag, Weltfrauentag oder Frauentag sind Namen von einem Tag, der jährlich am 8. März gefeiert wird. Er entstand vor dem Ersten Weltkrieg im Kampf um die Gleichberechtigung. Es waren sozialistische Organisationen die das Wahlrecht für Frauen sowie für die Rechte von Arbeiterinnen kämpften. Damals richtig und wichtig. Wahlrecht für Frauen erkämpften Frauen. Doch nun schaue ich 2025 – gerade am Tag der Frauen – mit gerunzelter Stirn auf einige unserer Vertreterinnen des weiblichen Geschlechts.

Nein, wir brauchen heute weder für Wahlrecht noch für Gesetze zu kämpfen, in denen die Rechte für Frauen festgeschrieben werden. Die gibt es. Da ich schon längere Zeit auf der Welt bin, habe ich so einige Etappen als Frau hinter mir. Nur eins möchte ich hier festhalten, ich begab mich beruflich nicht nur einmal in eine Männerdomäne und noch nie wurde mir etwas verweigert, streitig gemacht, weil ich eine Frau bin. Auch privat gab und gibt es keinerlei Diskussionen was Frauen oder Männerarbeit ist. Glück gehabt, sagen einige.

Ich erlebte vor über 50 Jahren die Welle der Emanzipation. Die Pille kam 1961 aus den USA bei uns auf den Markt. Zuerst war sie nur für verheiratete Frauen erhältlich. Sie galt, trotz Nebenwirkungen, als Meilenstein der Unabhängigkeit. Ich nahm sie wohl wegen den Erzählungen der unangenehmen Nebenwirkungen nie. Doch erinnere ich mich noch gut an meine erste, streng gläubige Schwiegermutter und deren Frage, ob ich die Pille nehme. Sehe noch ihre Freude bei meinem Nein.

Heute kommt des Öfteren von der weiblichen Enkelgeneration der Vorwurf, wir die Großmuttergeneration, habe dieses hormonelle Verhütungsmittel zu verantworten. Stimmt, auch ich habe damals die Pille begrüßt – auch in meiner politischen Arbeit dafür gestritten. Der Grund waren diese Abtreibungen auf dem Küchentisch im Hinterzimmer der sogenannten „Engelmacherinnen“! Sie agierten mit übelsten Methoden um einen Schwangerschaftsabbruch herbeizuführen. Die Todesfälle der jungen Frauen häuften sich. Das war der Anlass, sich damals damit auseinanderzusetzen.

Heute kann bei uns jede Frau selbst über ihren Körper entscheiden und das ist richtig so.     

Doch stellt sich mir die Frage, ob wir Frauen es nicht oft selber vermasseln mit unserer Gleichstellungsdiskussion? In einer unserer „Begegnung der Generationen“ sprach ein Mann (Mitte 40) aus, was alle anwesenden Männer bestätigten. Frauen wollen beides: Gleichberechtigte Partnerinnen sein, zeitgleich benehmen sie sich wie Prinzessinnen die alles abgenommen haben wollen, was ihrer Ansicht nach „Männersache“ ist. Finden es selbstverständlich mit Blumen oder Geschenken verwöhnt zu werden, weil sie ja Frauen sind. Sehen sich benachteiligt bei Familiengründung und missverstanden, wenn sie sich im Beruf auf eine höhere Position bewerben.

Mein Einwand war, Gleichberechtigung heißt für mich im beruflichen wie im privaten Bereich, Hinhören, Verständnis, Toleranz, Wertschätzung und Rücksicht.  

Den Frauen, die annehmen, es sei ein Zeichen ihrer Emanzipation, wenn der Mann seine Hemden selber bügelt, denen sag ich aus meiner Lebenserfahrung leise ins Ohr, dünnes Eis. Ich kenne so manche Beziehung, die wegen einer falsch verstandenen Emanzipation in die Brüche ging.  

2025 steht bei uns für die jungen Frauen die Welt offen. Und das ist richtig und wichtig!

Es gibt sie dennoch weiterhin, die notwendigen Diskussionen über Gleichberechtigung. Und genau dabei fällt mir aus dem Lied „Männer“ von Grönemeyer die Frage ein „Wann ist ein Mann ein Mann“?

Gerade am Frauentag möchte ich nicht versäumen aus meinem Nähkästchen zu plaudern.   

Mit der Definition Vollweib kann ich mich identifizieren. Es hat mir weder beruflich noch privat geschadet. Vielleicht kommt sie daher, meine Zufriedenheit und mein Glück im Privaten, wie im Beruf.  Meine Mutter und mein Vater haben in ihrer Generation eine ganz andere schwere Zeit erlebt. Doch sie haben mir tatsächlich das vorgelebt, was man heute Emanzipation nennt. Dafür danke ich heute noch.

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