Kassenpatienten

Mein Begleiter „Sir Schmerz“

Fortsetzung Nr.7: Patientenleben als Abrechnungsziffer

So schnell bin ich nicht sprachlos. Als jedoch unterschiedliche Spezialisten sagten, dass meine chronischen Schmerzen nicht sein müssten, hat es mir erst einmal die Sprache verschlagen. Was sollte ich mit dieser Erkenntnis anfangen? Durchatmen, nachdenken und nachfragen!? Viel besser war die Folgeerklärung auch nicht. „Man“ hätte vor 10 Jahren mit der gezielten Behandlung beginnen müssen. Da war er wieder dieser Herr „Man“ dem laufend mit seinen Partnern „Müsste“ und „Hätte“ ein Versäumnis zugeschoben wird. Erstens, als Verursacher der IST Situation und in der Folge, dem Risiko einer OP.

Da fiel mir sofort Goethes Tragödie „Faust“ erster Teil ein, als Faust allein im Zimmer stand und sagte: „Da steh ich nun, ich armer Tor, und bin so klug als wie zuvor“

Ich erlebte zwar meine Tragödie sitzend im Sprechzimmer eines   Neurochirurgen, bei dem ich mir die berühmte zweite Meinung einholte. Nachdem CT und MRT war klar, entweder sehr riskante OP oder lernen mit den Schmerzen zu leben. Eingestuft als CS (chronischer Schmerzpatient) fragte ich nicht mehr weiter. Diese Abrechnungsziffer bedeutet auf ärztlicher Seite, pro Quartal sicheres Einlesen der Gesundheitskarte. Es stehen an, Rezepte für Schmerzmittel und Physiotherapie. Da ich aber zu denjenigen gehöre, die mehr naturärztliche Behandlung bevorzugen, tauge ich auch noch als gute Kundin für eine Bandbreite von individuellen Gesundheitsleistungen, umgangssprachlich IGEL genannt! 

Seit vielen Jahren ist nun an meiner Seite „Sir Schmerz.“ Im englischen Sprachraum ist „Sir“ eine höfliche Anrede, insbesondere gegenüber Respektpersonen. Und ganz klar, Respekt habe ich vor meinem „Sir Schmerz.“ Er bestimmt einen Teil meines täglichen Lebens. Lass ich meine mühsam erlernten Übungen schleifen, zeigt er mir umgehend wer das Sagen hat. Wenn er sich zurückzieht, ist es seine Art mich zu loben. Inzwischen haben wir uns arrangiert. Achten uns gegenseitig und zusammen mit meinem besten Freund dem „Willen“ meistern wir das Leben als CS!

Die mehrfache Aussage, vonwegen gezielte Behandlung vor über einem Jahrzehnt verpasst, lies mir keine Ruhe. Da ich schon ganz andere Fakten hinterfragte, in die Tiefe recherchieren mein tägliches Brot ist, legte ich diese Aussage „man“ und „hätte“ als Messlatte fest und begann mit der punktgenauen Dokumentation über meine ärztlichen Behandlungen in den letzten 10 Jahren. Kam schnell an den Punkt, welche Folgen akzeptierte Systemfehler, vonseiten der Ärzteschaft, für die Patientenschaft nach sich ziehen. So begann eine sehr persönliche, spannende Reise in die Tiefen des Gesundheitssystems.

Fortsetzung folgt

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Über den Kopf von uns Beitragszahlern…

…wird vonseiten der Krankenkassen bestimmt, als seien wir Almosenempfänger. Die in meinem Buch „Krank in Deutschland“ beschriebenen Systemopfer wurden im Krankheitsfall schleichend zu Bittstellern. Wir Kassenpatienten werden längst zerrieben zwischen der Gier und den Machtansprüchen der Kassen und Kassenärztlichen Vereinigungen. Unsere Milliarden an Beitragsgeldern wecken viele Besitzansprüche. Nur die haben alle nichts mit dem zu tun, was unter „Gesundheitsversorgung“ zu verstehen ist. Um Einfluss über den Geldfluss zu erhalten, sind starke Lobbygruppen an den Entscheidungsträgern der Ministerien angedockt!

Vor Jahren äußerte sich der heutige Bundesinnenminister Thomas De Maiziére (CDU), damals Chef des Bundeskanzleramtes, zu dem Einfluss von Lobbyisten auf den Gesetzgebungsprozess: „Bevor ein Vermerk den Minister erreicht, ist er schon bei der Energiewirtschaft und bei der Pharmaindustrie oder wo auch immer. Ich habe mir das aus der fernen Provinz wirklich nicht so vorstellen können!“

Die Vorgehensweisen der gesetzlichen Krankenkassen, in enger Verbindung zum Gesundheitsministerium, sollte uns Beitragszahler zu Denken geben. So wurde im November 2006 bekannt, wie die DAK einen ihrer Mitarbeiter als Referent ins Bundesgesundheitsministerium entsandte, um dort zu arbeiten. Die „Leipziger Volkszeitung“ berichtete, dass der Mann vertrauliche Informationen an seine Kasse weitergereicht hat.

Alles ganz normal?

Der damalige Ministeriumssprecher Klaus Vater (Große Koalition SPD/CDU/CSU) äußerte sich gegenüber der Zeitung: „Es ist notwendig geworden, dass sich das Bundesgesundheitsministerium von heute auf morgen von einem Mitarbeiter getrennt hat. Dieser hat vertrauliche Papiere im Zusammenhang mit der gesetzlichen Ausarbeitung der Gesundheitsreform an seine Krankenkasse weiter gereicht!“ Die DAK äußerte sich in der „Leipziger Volkszeitung“ folgendermaßen: „Die Abordnung von Experten aus den Kassen ins Ministerium gibt es nur, weil diese die Informationen aus dem Ministerium erhalten!!“ DAK-Sprecher Boda Nowitz vertrat die Ansicht vom DAK- und AOK-Bundesverband, indem er keinen Hehl daraus machte, dass beide Kassen an das Ministerium zahlreiche Experten ausgeliehen hätten. Laut DAK-Sprecher im November 2006 gehöre die Rückkoppelung von Informationen an die entsendenden Krankenkassen für die zeitweiligen Ministeriumsmitarbeiter, die von außen kommen, zum normalen Geschäft. Laut DAK-Sprecher sei es auch „von uns und auch politisch so gewollt!“ Außerdem sei die Weitergabe von Unterlagen aus dem Ministerium an die entsendenden Krankenkassen „wirklich nichts Schlimmes“. Es kommt darauf an, aus welchem Blickwinkel es betrachtet wird. Wenn die Rückkoppelung dazu führt, dass Kassen – wie z. B. ab 1.1.2011 – selbst die Höhe der Zusatzzahlungen entscheiden können, wir als Beitragszahler aber die tatsächlichen Ausgaben der Kassen nicht nachprüfen können, dann, ja dann ist dieses Gemauschel zwischen dem von mir genannten „Dreigestirn“ Politik Kassen und KV – nicht nur schlimm, sondern eine Ungeheuerlichkeit.

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