Kalender

Sonntagsgedanken zum Thema Kalenderblätter

Heute ist der letzte Tag im November. Das Jahr hat bereits den Mantel an. Noch ein Monat, dann wird es sich verabschieden, dieses Jahr 2025.  Der Dezember ist einer der zwölf Monate im Jahr, der vom Gefühl der Freude, der Menschlichkeit und dem Miteinander getragen wird. Bei einem Treffen unserer „Begegnungen“ bin ich sehr nachdenklich nach Hause gefahren.

Vor einem Jahr hatte ich die Idee, unsere monatlichen Treffen aufzuteilen. So trafen wir uns dieses Jahr bei uns im Künstlerhaus nur einmal im Quartal. Und ich schlug vor, dass wir uns die beiden anderen Monate mit dem Treffen abwechseln.

Der Grund war: Mir fiel die um sich greifende Einsamkeit auf, über die nicht gesprochen wurde. Zufiele lebten einsam und fingen an, mit ihren Möbeln zu sprechen. Oder der Fernseher war an, um Stimmen zu hören. Die meisten hatten Platz genug, nur besuchte sie niemand. Und so kam mir die Idee des Rotierens und es klappte wunderbar.   

Der Grund meiner Nachdenklichkeit beim letzten Treffen war ein Blick im Haus, in dem wir uns trafen. Zwei Wände waren bestückt mit selbstgemachten Dina 5 Pappe-Kalender mit Familienfotos. Pro Monat konnte die beschenkte Großmutter ein Foto betrachten und so am Leben ihrer Kinder und Enkelkinder teilhaben.  

Auf Rückfrage wurde mir gesagt, keiner der auf dem Foto zu sehen ist, war in diesem zu Ende gehenden Jahr zu Besuch im Haus der Großmutter. Alle waren das letzte Mal zusammen vor zwei Jahren, bei der Beerdigung des Großvaters.

Letzte Weihnachten bekam die Großmutter vom Sohn ein Handy. Eine Jugendliche aus dem Nachbarhaus half gegen Honorar, den Umgang mit der neuen Verständigung. Inzwischen beherrscht die 92-jährige Wathsapp. Um das Gefühl die Stimme des Gegenübers zu hören, habe ich das mit den Sprachnachrichten vorgeschlagen, gleich umgesetzt und es klappt. Zumindest unter unserer Begegnungsgruppe. Die Enkelschar der Großmutter stehen mehr auf Kurznachrichten, mit Rätseleffekt.  

Mir ist ein echter Besuch, in dem ich wahrgenommen werde, in dem tatsächlich mit mir gesprochen, gelacht eben ein gegenseitiger Austausch stattfindet, wichtig. Bei großen Entfernungen gibt es schon längst die Möglichkeit sich digital zu treffen. Also, es kommt nicht auf das wie, oder wie oft an! Sondern, dass es überhaupt stattfindet und darauf WIE echt und ehrlich es gemeint ist!

In unserem Dezembertreffen steht auf der To-do-Liste wie wir im neuen Jahr mit solchen „schlechte Gewissen Kalendern“ umgehen! Übrigens, genauso entlarvend, was die Pflichtkontakte betrifft, sind diese gezwungenen 3 G Besuche: Gekommen – Gegessen- Gegangen!  

Für mich steht fest: Wer ein ganzes Jahr keine Zeit für mich hatte, zeigt blankes Desinteresse! Den brauche ich auch nicht als Foto 12 X als Kalenderbild.

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Mehr, als nur ein Blick auf den Kalender

Als ich heute Morgen den 17. November auf dem Kalender sah, überlegte ich, wie sich wohl heute vor 79 Jahren meine Eltern fühlten? Denn es ist ihr Hochzeitstag. Im Mai 1945 endete der zweite Weltkrieg. Bis zu diesem Tag kannten sich meine Eltern nicht. Sie gingen zwar verschiedene Wege, doch in dieselbe Richtung. Meine Mutter musste im November 1938 bei Nacht und Nebel Deutschland in einem Fischerboot über den Bodensee verlassen. Sie war Pfarrersköchin und hatte sich für jüdische Familien eingesetzt. Sie war bis Juni 1945 als Haushälterin in der Schweiz bei einer Arztfamilie. Kam nach Kriegsende wieder zurück als Pfarrersköchin.

Mein Vater war viele Jahre im aktiven Widerstand bei der Internationalen Brigade im spanischen Bürgerkrieg. Mein Vater sollte, nach dem Wunsch seiner Eltern, als 4. Kind Pfarrer werden. Doch kurz vor der Primiz (so nennt man die Weihe zum kath. Pfarrer) türmte er nach Hamburg und verschwand als Seemann auf hoher See und landete im Widerstand in Spanien.

Das Schicksal geht seine eigenen Wege.

Mein Vater strandete nach dem Krieg bei seiner Schwester in Lindau und kam aufgrund seiner Sprachbegabung (Er sprach fließend mehrere Sprachen) bei der französischen Besatzungsmacht unter. Er hatte die Aufgabe, die festgesetzten Nazis zu bewachen. Meine Mutter bekam von den Besatzungskräften den Auftrag, für die Gefangenen zu kochen.

So begegneten sie sich. Zu diesem Zeitpunkt waren beide weit über vierzig und hatten nicht mehr an ein Leben zu zweit gedacht. Es muss jedoch intensiv gefunkt haben. Denn bereits 4 Monate nach ihrem Kennenlernen heirateten sie. Eben an diesem 17. November 1945.

1946 wurden sie Wirtsleute und übernahmen den Gasthof „Aeschacher Hof“ in dem sie ihrem bisherigen Leben treu blieben. Aus der Städte- Chronik geht hervor, dass in den Nebenzimmern und im Saal politische Treffen bis hin zu Lesestunden stattfanden. Ihre Welt war gesellschaftliches Engagement und Arbeit und laut meiner Mutter, hatten sie niemals daran gedacht noch Eltern werden zu können. Deshalb waren sie mehr als überrascht, als ich mich 1948 meldete. Ja, ich hatte für damalige Zeiten „alte Eltern“ doch es waren wunderbare Eltern, die mich ins Leben begleiteten. Über die ich das Wort Freiheit, Menschlichkeit, Toleranz aber auch Mut zum Risiko, anhand ihres Vorlebens lernte!

Übrigens seit heute weiß ich, dass ich eigentlich Renata heiße. Ich recherchierte in den Unterlagen meiner Eltern. Und fand meinen Namen erst heute im Familienstammbuch und auch in meinem Taufschein so geschrieben. Die Recherche hat gezeigt, der Name kommt aus dem Lateinischen und bedeutet in der Taufe „Wiedergeborene“ mag sein, dass der Faden des Glaubens, der in dem Leben meiner Eltern ein fester Bestandteil war, dabei eine Rolle spielte.

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