In Memoriam

An meine wunderbare Mutter

Vor mir liegt ein kleines, wunderschönes Büchlein. Eines von vielen, in dem ich meine Freunde die Buchstaben parke, wenn sie durch meinen Kopf fliegen.

Manche liegen seit Jahren in einer speziellen Schublade in meinem Sekretär.

Der Zufall wollte es, dass ich es heute rausnahm und in ihm blätterte. Es ist gefüllt mit Gedanken, aufgeschriebenen Gefühlen, teilweise in Reimform.

Und da sah ich das Datum, fühlte diesen Moment und wusste wie verzweifelt ich damals war. Heute genau vor 33 Jahren, saß ich bei meiner Mutter im Krankenzimmer in der Uniklinik Ulm – damals noch am Safranberg – und versuchte für mich durch Buchstaben, das Gespräch mit dem Arzt fassbar zu machen.

Krankenhaus – 12. Mai 1991

Die weißen Wände starren mich an, die Schwester lächelt, da sie nur so ihre Arbeit ertragen kann. Der Arzt steht vor mir, sein Blick bohrt sich fest. Die Diagnose hat ihn nicht in einem Schock versetzt. Er bleibt kühl und sachlich, wie jeden Tag. Er sagt es mir und es klingt hart. Die Frau, meine Mutter die mich geboren, habe ich heute an die Macht in den Händen der Ärzte verloren.

Die Augen meiner Mutter, blau und strahlend, in denen sich das Leben spiegelt sehen mich an. Ein Leben voll Entsagung, gefüllt mit Arbeit war ihr Alltag. Und doch sehe ich, weiß ich, sie hat nie aufgegeben. Selbst jetzt im Kampf gegen die Krankheit, verlieren diese Augen nicht den Glanz! Und meine Mutter sagt mir ohne Worte nur durch ihren Blick, was sie mich immer wieder lehrte: Was gibt es wichtigeres im Leben als Mut zum Leben? Kraft zum JA – denn gut ist, was uns in den großen und den kleinen Zielen weiterbringt!

P.S. Heute beruhigt mich, dass wir gegen den Rat der Ärzte handelnden und meine Mutter zu uns nahmen, anstatt sie ins Pflegeheim zu geben. Lange Gespräche, völlig neue Informationen über Mutters Leben, auch wie sie mit dieser Krankheit umging, hat uns alle – trotz der Mühen durch intensive notwendige Pflege – die wir gemeinsam meisterten, nur positiv geprägt. Die Kinder, meinen Mann und mich.  

Als Tochter habe ich die Chance bekommen, ein wenig von dem zurückzugeben, was mir meine Mutter ein Leben lang an Liebe und Lebenszeit gab. Ohne sie hätte ich mein Leben nicht so leben können, die Stolpersteine des Lebens nicht überwunden und meine Ziele nicht erreicht.  RH  

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