Die Industrialisierung des Gesundheitswesens
„Solidarität und Profit passen nicht unter einen Hut“ – Renate Hartwig versammelt Menschen, die mitdenken und sich auflehnen in einem Netzwerk
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„Solidarität und Profit passen nicht unter einen Hut“ – Renate Hartwig versammelt Menschen, die mitdenken und sich auflehnen in einem Netzwerk
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Interview mit Renate Hartwig
Aus ihrer Kampfansage an die Gesundheitsreform, dem Buch “Der verkaufte Patient“, ist eine bundesweite Protestbewegung entstanden, die Gesundheitspolitiker aller Fraktionen schon längst nicht mehr witzig finden dürften.
Cicero Online im Gespräch mit der kratzbürstigen Bestsellerautorin Renate Hartwig.
CICERO MAGAZIN FÜR POLITISCHE KULTUR:
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Es reicht jetzt! Wir Patienten haben verstanden, was “Gesundheitsreform“ bedeutet: Die schamlose Zerstörung des Arztgeheimnisses die ökonomische Ausbeutung von Schwestern, Krankenpflegern und Ärzten die Auslieferung von uns Patienten als “Kunde“
Politiker treiben die freien niedergelassenen Ärzte bewusst in den Ruin, weil sie die letzten Bastionen sind, die sich der schrankenlosen Industrialisierung unseres Gesundheitssystems in den Weg stellen. Falsche Hetzparolen wie “Höhere Arzthonorare treiben die Kassenbeiträge in die Höhe“ sollen einen Keil zwischen Patienten und Ärzten treiben. Kaum ein Student will sich mehr als Allgemeinarzt niederlassen. Den wenigen, die den Beruf noch ergriffen haben, steht das Wasser bis zum Hals. …
Bürgerpatienten kämpfen für junge Ärzte! Read More »
Schockierende Enthüllungen im Buch (S. 111, Kapitel „Muntes Monopoly“) führten zu hastigen Korrekturen bei den ertappten Verantwortlichen der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern: 4,6 Millionen Euro fließen zurück in die Kasse der Bayrischen KV, aus der sie – ohne Zustimmung der breiten bayerischen Ärzteschaft – genommen wurden. Das dubiose Firmenkonstrukt „bonacur GmbH & Co KG aA“, das aus der nicht minder dubiosen „Gediselect GmbH & Co KG aA“ entstanden war, wird liquidiert. Die KV Bayern versucht auf ihrer Homepage über abstruse Rechtfertigungen das Gesicht zu wahren. Aussagen wie: „Mutmaßungen seitens des BHÄVVorsitzenden und Frau Hartwig bewirken sinkendes Interesse an Anteilen der Gesellschaft (…)“ zeigen den Versuch die im Buch detaillierten Fakten herunter zu spielen und dienen als Ablenkungsmanöver! Fazit: Durch die Veröffentlichung in meinem Buch, in dem ich Namen und Hintergründe, Zusammenhänge und Beweise über das Vorgehen der KV Bayern offen legte, wurde nicht nur bewiesen, zu welchen Möglichkeiten die von der Politik gesetzten Rahmenbedingungen führen, sondern auch thematisiert, wie die zuständige Ministerin Stewens die Aufsichtspflicht vernachlässigte. Die vom Gesetzgeber begünstigte schleichende Kapitalisierung im Gesundheitswesen konnte zumindest an diesem Punkt gestoppt werden. 4,6 Millionen sind wieder dort, wo sie hingehören: im Topf der ärztlichen Beitragszahler. * Nach dem Erscheinen meines Buches entstand auch endlich eine breite, öffentliche Diskussion über die politisch begünstigte Geschäftsverbindung der DAK mit dem amerikanischen Dienstleister „Healthways“ – Stichwort CALLCENTER. So berichteten die Ärztezeitung und REPORT Mainz. Der Datenschutzbundesbeauftragte Peter Schaar sieht Handlungsbedarf: Er habe Zweifel, „dass die Kassen berechtigt sind, derart umfassende Programme ohne Einschaltung des jeweiligen behandelnden Arztes zu starten.“ Der Marburger Bund fordert eine politische Diskussion über den Schutz von sensiblen Patientendaten vor der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte.
Grausame Realität der Gesundheitssysteme im Film SICKO gezeigt
…werde besser nicht krank – Hausärzte laden zur Filmveranstaltung ein Read More »
werden wir Bürgerpatienten mit den Ärzten gerade einmal mehr so richtig angeschmiert! Die nimmersatten kranken Kassen reiben sich aufgrund der politisch forcierten Desinformationen in den Schlagzeilen die Hände.
Ein paar Fragen zu den Fakten:
Was geschieht mit den jährlich 145 Mrd. Euro Beiträgen der Zwangsversicherten der gesetzlichen Krankenversicherung(GKV)? Ständig fordern die kranken Kassen Beitragserhöhungen in gewohnter Regelmäßigkeit ein, ohne dass anscheinend irgendjemand einmal hinterfragt oder gar ernsthaft prüft, was die gesetzlichen Krankenkassen denn überhaupt mit den aktuell etwa 145 Milliarden Euro Zwangsbeiträgen der gesetzlich Versicherten so treiben. Immerhin handelt es sich dabei um eine Größenordnung, die der Hälfte des deutschen Bundeshaushalts von 288 Mrd. Euro entspricht. Und damit ist die nächste Frage an die Sozial- und Finanzpolitikerverbunden:
Mit welchem Trick versteckt man vorübergehend, die keineswegs hinreichend sachlich begründeten Pauschalforderungen der Kassen, die bis dato als heilige Kuh „Beitragssatzstabilität“ in der GKV gehandelt und uns allen von der Politik in schöner Regelmäßigkeit vorgeführt wird ? Es gibt eine Kernfrage am Beginn jeder ernsthaften Auseinandersetzung um die Finanzen der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) die lauten:
Wer kontrolliert das Finanzgebaren der gesetzlichen Krankenkassen und wo bleibt das Geld?
Es ist eine originäre Angelegenheit von uns Bürgerpatienten und Versicherten, mit allem Nachdruck dieser Frage nachzugehen. Patient informiert sich hat, durch die täglich bundesweit wachsende Zahl unserer Bürgerpatientenstammtische, (108 Gründungen allein im August 08) nun eine große Anzahl informierter Bürgerpatienten – darunter viele Juristen – die im Moment dabei sind, notfalls gerichtlich Transparenz von den Kassen zu verlangen. Hier ein paar Informationen an welchen Stellen wir als Versicherte auf diverse Lücken achten müssen:
Wer kontrolliert die Kassen der Krankenkassen? Effektiv jedenfalls niemand !
Der Verbleib der jährlich 145 Mrd. Euro eingehenden Zwangsbeiträge von gesetzlich Versicherten im undurchsichtigen Gestrüpp zwischen Politik und gesetzlichen Krankenkassen bleibt de facto intransparent. Was machen die Kassen tatsächlich mit dem Geld der Beitragszahler? Bis heute scheint diesen Umstand offensichtlich und eigenartigerweise in der öffentlichen Diskussion niemanden sonderlich zu interessieren, geschweige denn zu stören, dass gesetzliche Krankenkassen Jahr für Jahr ca. 7-8 Milliarden Euro an Versichertengeldern z.B. für Werbung, Neukundenwerbung, Sportstudios, Wellness und Urlaubsgestaltung auf Krankenkassen-Kosten ausgeben.
Oder dass sich die Kassen-Funktionäre freizügig selbst bedienen, wenn sich z.B. das Gehalt eines Kassenfürsten (AOK BW) bei seinem Amtsantritt schlagartig um 24 % im Vergleich zum Vorgänger erhöht. Vorstands-Jahresgehälter bis zu 215 000 € zuzüglich diverser Nebeneinkünfte und „Bonus-Zahlungen“ bis zu 105 000 € p.a. bezahlt werden – Frage bleibt wofür eigentlich?
Wer bitte weiß, dass die (offiziell ausgewiesenen) Verwaltungskosten der gesetzlichen Krankenkassen allein von 1991 bis 2004 um 72 % gestiegen sind? Trotz Reduzierung von mehr als 1000 Kassen auf aktuell ca. 220 Kassen! Kann es sein, dass gesetzliche Krankenkassen, allen voran die AOK, verbotswidrig zum Zweck der eigenen „Beitragsstabilität“ über Jahre hinweg Schulden in zweistelliger Milliardenhöhe aufhäufen, ohne dass es den nominell zuständigen Aufsichtsbehörden auffällt?
Normale Arbeitgeber würden umgehend wegen Bilanzfälschung zur Rechenschaft gezogen wenn sie wie gesetzliche Krankenkassen unter Schonung oder besser Verschönerung der Beitragsprämien „vergessen“, für die betriebliche Altersversorgung der eigenen Bediensteten entsprechende Rücklagen zu bilden mit der Folge ungedeckter Verpflichtungen in der Größenordnung von 12,4 Mrd. Euro! Allein die AOK ist mit 8,2 Mrd. Euro dabei.
Übrigens Rest-Schulden und vergessene Pensionsrückstellungen sollen demnächst im Gesundheitsfonds „vergesellschaftet“ werden, man könnte auch sagen „umgeschuldet“ auf Kosten der gesetzestreuen Krankenkassen und insbesondere von uns Versicherten. Bis heute sind meine Fragen wegen der zig-Millionen Euro Versichertengelder die bei den Kassen für „externe Beraterverträge“ ausgegeben werden unbeantwortet geblieben. Selbst AOK Direktoren zucken als Zuhörer meiner Vorträge bei diesen Fragen nur mit den Schultern! Wissen sie es nicht? Alles geheim oder was?
Welchen Grund hatte das Bundesgesundheitsministerium als Aufsichtsbehörde der Kassen gegenüber dem Parlament nicht offen zu legen, wer denn Gelder eingestrichen hat und für welche „Leistung“? Wer kann einem da verdenken, dass dieses Vorgehen sogar gegen den Wind den Geruch nach Veruntreuung aufkommen lässt! Hat das nicht schon System, wie die gesetzlichen Krankenkassen erst Kassenärzte vermeintlich bedarfsgerecht zulassen und anschließend lauthals über eine angebliche Überversorgung mit Ärzten lamentieren, während gleichzeitig die Patienten lange auf Termine in überfüllten Praxen warten müssen?
Genau wie ein wesentlicher Teil des immer wieder angeführten Anstiegs der Kassenarztzahlen auf der gezielten statistischen Hereinnahme der nicht-ärztlichen Psychotherapeuten beruht. Über diese Schiene ein Spaltspitz mehr unter den medizinischen Berufen gesetzt wurde!! Wer ahnt, dass die gesetzlichen Krankenkassen im Bewertungsausschuss immer neue Leistungen in den Katalog der GKV aufnehmen und damit eine Leistungspflicht der Ärzte auslösen, ohne dafür entsprechende Honorare zur Verfügung zu stellen ?
Bei den Kassen gilt der Umstand – wer bestellt, zahlt- gegenüber den Ärzten leider nicht! Bürgerpatienten aufgepasst: Weshalb können die gesetzlichen Krankenkassen trotz belegter „Unregelmäßigkeiten“ weiter agieren? Offensichtlich gibt es keine tatsächliche Kontrolle über den Umgang mit den rund 145 Mrd. Versicherten-Zwangsbeiträgen.
Aber es gibt ein Sozialgesetzbuch (SGB) V und es gibt ein Wettbewerbsstärkungsgesetz, auf dass sich die Kassen berufen! Alles Rahmenbedingungen die unsere Politik – unsere sogenannten Volksvertreter geschaffen haben. Keine Ahnung welches Volk die vertreten, nach der Faktenlage werden Ärzte und wir Bürgerpatienten eher getreten! Auch die Frage ob alle Kassen Unterstützung des Bundesgesundheits-Ministeriums bekommen muss beantwortet werden!
Laut „Stern“ Nr.36 vom 28.8.2008 genehmigen sich AOK Vorstände zweifelhafte Sonderzahlungen und die Gesundheitsministerin schaut weg. Auf Ulla Schmidt ist Verlass – sie hilft sogar mit Geldgeschenken per Gesetz für die Dienstordnungsangestellten die lange ein spezielles Privileg genossen. Deren Versicherungsbeiträge wurden um bis zu 50% ermäßigt, bei gleichzeitig vollem Versicherungsschutz. Als 2004 der Bundesfinanzhof einschritt und die Beitragsermäßigung als geldwerten Vorteil einstufte, auf den die AOK Dienstordnungsangestellten Steuern zahlen müssten, agierte Frau Ministerin Schmidt. Kurz vor der Verabschiedung des ominösen „Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung“ lies sie das Einkommensteuergesetz ändern und erlöste die Kassenbediensteten von der neuen Steuerlast!! Warum fragte auch die Sternredaktion. Aber auch hier schwieg das Gesundheitsministerium. Im Stern war zu lesen: „Intern wurde über das Motiv gemunkelt: Die Ministerin habe die AOKLer milde stimmen wollen, um deren Widerstand gegen den Gesundheitsfonds zu brechen.“
Kann nach all den Vorgängen sein, dass durch Unterstützung des Gesundheitsministeriums von Seiten der Kassen erfolgreich abgeblockt wird, dass die Kassen der Kassen intensiver unter die Lupe genommen werden? Weshalb können die Verantwortlichen der gesetzlichen Krankenkassen ungeprüft und ungestraft nach Gutsherrenart mit den Geldern von uns Versicherten umgehen, denn nicht zu vergessen, die o.g. Fakten sind nur die Spitze eines Eisberges.
Fortsetzung dieser Recherchen folgt nächste Woche – bis dahin grüße ich aus der Welt über dem weißen Tellerrand
„Aus meiner Sicht…“ Nr.2 erscheint auf unserer Webseite am 17.9.2009 mit dem Thema: Wo bleibt das Geld der Versicherten?Harte Fakten statt politischer Propaganda und gezielter Desinformation!
Aus meiner Sicht … Sept. 2008 Read More »
CICERO MAGAZIN FÜR POLITISCHE KULTUR
Interview mit Renate Hartwig
„Laut Cicero Informationen einer der erfolgreichsten und meistgeklickten Artikel auf Cicero Online“. Lesen Sie hier…
Ärzte und Patienten werden von der Gesundheitspolitik belogen, verraten und in kleinen Scheibchen an die freie Wirtschaft verfüttert: Renate Hartwig steigt mit ihrem Bestseller „Der verkaufte Patient“ gegen die Gesundheitsreform auf die Barrikaden. Ein Interview mit der engagierten Publizistin in heiligem Zorn.
Frau Hartwig, mit einer guten Nase für gesellschaftspolitische Minenfelder haben sie sich im Laufe ihrer Karriere bei einigen Menschen ziemlich unbeliebt gemacht. Früher waren sie einmal als Deutschlands einflussreichste Scientology Kritikerin bekannt, jetzt klingen sie wieder ziemlich wütend, was ist los?
Ich bin schon wieder in ein Schlangennest getreten! In Deutschland zieht gerade eine Gesundheitsmafia – anders kann man sie nicht bezeichnen – Sachen ab, die anderswo nie hätten passieren können. In Frankreich oder Italien wären bei so etwas innerhalb von kürzester Zeit die Straßen voll mit protestierenden Bürgern gewesen, die gesagt hätten: Sagt mal tickt ihr noch richtig in der Politik, was macht ihr denn da?! Aber den Deutschen fehlt meist die Zivilcourage, die lassen gerne andere für sich entscheiden, und meckern dann erst wenn es zu spät ist. Das muss ein Gendefekt sein, irgendetwas stimmt da nicht.
Also, wofür müssten wir auf die Straße? Gegen die Gesundheitsreform?
Genau da gegen! Denn was bei uns in Deutschland unter dem Etikett der „Gesundheitsreform“ läuft, ist nichts anderes als der Ausverkauf, die völlige Auflösung unserer solidarischen Gesundheitsversorgung. Seit Jahren machen Politiker aller Fraktionen Gesetze, mit denen sie bestimmten Konzernen zuarbeiten, Kapitalgesellschaften denen es nur noch um Gewinnmaximierung geht, und nicht um den kranken Menschen. Die Ärzte werden gleichzeitig an einem langen Band von staatlichen Stellen gegängelt, und mit Zwangsmitgliedschaften bei Kassenärztlichen Vereinigungen versklavt. Das mache ich nicht länger mit! Ich habe eine Bürgerinitiative gestartet und werde einen Volksentscheid durchsetzen, gegen diesen politischen Wahnsinn, den die da entschieden haben.
Den Kassenärztlichen Vereinigungen wird doch gerade aus der Politik oft vorgeworfen, sie seien Kartelle, die den Wettbewerb blockieren. Das klingt doch eigentlich nach Protektionismus zugunsten der Ärzte?
Keinesfalls. Wie die vorgehen, das erinnert eher an die Cosa Nostra. Alle niedergelassenen Ärzte, die Kassenpatienten behandeln, müssen sich einer Kassenärztlichen Vereinigungen anschließen, die dann für sie die Honorare mit den Kassen aushandelt. Aber die KV agiert eben nicht im Interesse ihrer Mitglieder, sondern muss als Körperschaft des Öffentlichen Rechts die Gesundheitsrichtlinien der Regierung durchsetzen. Und die, wie gesagt, ist gerade dabei unsere Gesundheitsversorgung zu verscherbeln. Ein Ergebnis ist, dass Ärzte aus eigener Tasche das zurückzahlen müssen, was sie zuviel für Patienten ausgegeben haben. Krebspatienten zum Beispiel, die zeitintensive Behandlungen und regelmäßige Medikamente brauchen, sind damit geradezu ein Existenzrisiko für die behandelnden Ärzte. Oder nehmen sie einen anderen Fall, der in meinem Buch steht und kürzlich in den Tagesthemen war: Ein Arzt der jetzt über 100.000 Euro Regress hat, weil er allen behinderten Kindern im Umkreis das verschrieben hat, was sie brauchen. Und wenn wir behinderten Menschen das vorenthalten, was ihre Lebensqualität steigern könnte, dann haben wir als Gesellschaft versagt!
Sind also die Kassenärztlichen Vereinigungen selbst im Schwitzkasten der Politik?
Je mehr ich recherchiere, desto deutlicher zeigt sich, dass es den KV’s vor allem um Geld und Macht geht. Sie streichen Unsummen von den Ärzten ein, 2,5 % von deren Bruttoumsatz, schädigen Ärzte über Regresse und lassen sich nicht in die Karten schauen. Das alles, weil es ihnen der Gesetzgeber ermöglicht. Und dann gründen sie ohne Skrupel GmBH’s und CoKg’s auf Aktienbasis oder Stiftungen um ihre persönlichen Existenzen und Einnahmen für die Zukunft zu sichern. Um den Patienten geht es dort kaum noch jemandem. Was Ärzte wegen ihrer notwendigen Behandlung am Patienten zu hören bekommen, sagt viel über die Einstellung einzelner KV- und Kassen Fürsten: „Mit 92 braucht man keine solche Behandlung mehr,“ oder: „Wieso wollen sie da noch groß was machen, bei dem Krebskranken, wenn der eh stirbt?“ Das heißt im Klartext: Gib ihm weniger, dann haben wir den schneller von der Backe! Ich weiß, dass es solche Aussagen gibt, ich habe mit dutzenden von Ärzten darüber diskutiert, die ähnliches gehört haben. Auf der ganzen Welt gibt es keine Kassenärztliche Vereinigung, nur in Deutschland. Eine für den Bund, dann noch 16 einzelne für die Länder, und jede hat Vorstände, die im Schnitt zwischen 220 und 300 Tausend Euro im Jahr verdienen. Noch Fragen?
Neben dem Kartell der KV’s kritisieren sie vor allem die Öffnung der Gesundheitsversorgung für die Wirtschaft. Besteht nicht die Hoffnung, dass der Markt langfristig die Gesundheitsversorgung besser und effizienter gestaltet, als es die schwerfällige Verwaltung des Staates getan hat?
Also, ich bin keine Linke und komme jetzt mit irgendwelchen sozialistischen Parolen! Aber wir dürfen als Menschen und Patienten nicht rationiert werden. Wir zahlen als Kassenpatienten immer mehr, und bekommen immer weniger. Und umso älter und kränker wir werden, umso schlimmer geht’s uns. Von Effizienz kann keine Rede sein. Unter dem Einfluss der Wirtschaft wurden beispielsweise gerade 19 Milliarden in die elektronische Gesundheitskarte gesteckt. Und wer profitiert davon? Zuerst einmal die Lobbyisten. Die haben die Politik davon überzeugt das Geld auszugeben, mit dem Argument wir bräuchten dann keine Doppeluntersuchungen mehr. Da kriege ich ja einen Lachanfall! Stellen sie sich mal vor wie lange das braucht, bis 19 Milliarden sich amortisieren! Wer wirklich davon profitiert, sind die beteiligten Firmen, wie Siemens und einige IT-Firmen, insgesamt etwa fünf Unternehmen! Das ist, als würden sie morgen die Elbe umleiten, damit fünf Schiffe Gewinn machen.
Sie sagten einmal, bei uns findet eine Amerikanisierung im Gesundheitswesen statt. Was heißt das konkret?
In den USA wird man praktisch nur noch versichert, wenn man jung und gesund ist. Bestimmte Krankheiten werden gar nicht mehr versichert. Deshalb gibt es fünfzig Millionen unversicherte Amerikaner. Deren komisches System der „Integrierten Versorgung“ führt dazu, dass der Kranke betteln, weinen und auf Knien rutschen muss, damit ihn überhaupt noch eine Versicherung nimmt. „Integrierte Versorgung“ heißt: Praktisch das gesamte System ist in der Hand eines Aktiennotierten Unternehmens. Wer dort versichert ist, dem wird der Arzt vorgeschrieben – ein Angestellter des Selben Unternehmens, der meist am Gewinn beteiligt ist. Der Gewinn wiederum erhöht sich, je weniger für den Patienten geleistet wird. Auch das vorgeschriebene Krankenhaus gehört dem Unternehmen: Pech für den, der einen Notfall weit weg von einem solchen Krankenhaus hat: Möglich, dass sie schon tot sind, wenn sie dort ankommen. Das alles ist übrigens kein Horrorszenario, sondern in den USA längst Realität. Kein Wunder, denn was wollen Kapitalgesellschaften? Gewinn machen! So wird der Mensch zum Teil der Wertschöpfungskette, und damit zur Ausbeutung freigegeben
Und wenn ich sehe, wie unsere Gesundheitspolitiker regelmäßig in die USA reisen, um sich das dortige System anzuschauen, dann werde ich schon stutzig. Insbesondere nachdem sie mehrmals das dortige Krankenversicherungsunternehmen Kaiser Permanente besucht haben, und deren Vertreter auch schon in Deutschland bei Politikern vorstellig wurden.
Sie sprechen von dem Konzern, an dem Michael Moore in seinem Dokumentarfilm „Sicko“ kein gutes Haar lässt.
Genau von dem. Und alle pilgern sie zu Kaiser Permanente in die Staaten: Zuerst Ulla Schmidt 2007, und im Mai 2008 Gesundheitspolitiker aller Fraktionen! Kaiser Permanente gehört heute zu den weltweit größten Versicherungsanbietern der integrierten Versorgung, exakt die Art Konzern, von dem ich eben sprach. Der Laden ist ein Eisbrecher für die Umsetzung amerikanischer Zustände in Deutschland. Unsere Politiker steuern durch ihre Gesetzgebung und dem Ruf nach dieser integrierten Versorgung seit Jahren schon genau dorthin!
Wie äußert sich das?
Schauen sie sich doch einmal um: Das erwähnte Beispiel Krebserkrankung. Bestimmte Krebsmittel zahlt die Kasse einigen Krebskranken gar nicht mehr. Im Klartext: Sie können Krebs haben und vom Arzt extrem geringe Überlebenschancen attestiert bekommen, dann haben sie einfach Pech gehabt: Es wird gar nicht erst versucht, sie wieder gesund zu kriegen. Aber Krankheit und Armut können jeden treffen. Darüber müssen wir uns klar sein, und eine Antwort auf die Frage nach dem richtigen Umgang damit finden. Und wir dürfen es nicht auf der Ebene diskutieren, wie es der ehemalige Hamburger Justizsenator Kusch tut, wenn er im Fernsehen die Sterbehilfe in einem Tonfall diskutiert, als ginge es um auszuwechselnde Glühbirnen! Da dreht sich mir der Magen um. In so einer Gesellschaft möchte ich nicht, dass meine Enkelkinder groß werden: Deshalb wehre ich mich und ich bin längst nicht mehr allein!
Der Zustand unseres Gesundheitssystems ist für sie also ein sichtbares Symptom einer tiefer liegenden Haltung unserer Gesellschaft zum Menschen und seiner Würde?
Absolut. In dieser Gesundheitsdiskussion zeigt unsere Gesellschaft ihre Fratze. Wenn ich mir vorstelle, dass eine Frau in Würzburg sich von einem Selbstdarsteller wie diesem Kusch beim Sterben filmen lässt, mit dem einzigen Argument, dass sie Angst vor dem Pflegeheim hat! Wie weit wir gekommen sind, dass ein allein stehender Mensch mit 79 Jahren absolute Panik bekommt, beim Gedanken nichts mehr wert zu sein. Der Mensch wird bewertet, nach dem was er für die Gesellschaft leistet.
Warum behandeln, wenn der eh stirbt? Read More »