August 2008

Warum behandeln, wenn der eh stirbt?

CICERO MAGAZIN FÜR POLITISCHE KULTUR

Interview mit Renate Hartwig

„Laut Cicero Informationen einer der erfolgreichsten und meistgeklickten Artikel auf Cicero Online“. Lesen Sie hier…

Ärzte und Patienten werden von der Gesundheitspolitik belogen, verraten und in kleinen Scheibchen an die freie Wirtschaft verfüttert: Renate Hartwig steigt mit ihrem Bestseller „Der verkaufte Patient“ gegen die Gesundheitsreform auf die Barrikaden. Ein Interview mit der engagierten Publizistin in heiligem Zorn.

Frau Hartwig, mit einer guten Nase für gesellschaftspolitische Minenfelder haben sie sich im Laufe ihrer Karriere bei einigen Menschen ziemlich unbeliebt gemacht. Früher waren sie einmal als Deutschlands einflussreichste Scientology Kritikerin bekannt, jetzt klingen sie wieder ziemlich wütend, was ist los?

Ich bin schon wieder in ein Schlangennest getreten! In Deutschland zieht gerade eine Gesundheitsmafia – anders kann man sie nicht bezeichnen – Sachen ab, die anderswo nie hätten passieren können. In Frankreich oder Italien wären bei so etwas innerhalb von kürzester Zeit die Straßen voll mit protestierenden Bürgern gewesen, die gesagt hätten: Sagt mal tickt ihr noch richtig in der Politik, was macht ihr denn da?! Aber den Deutschen fehlt meist die Zivilcourage, die lassen gerne andere für sich entscheiden, und meckern dann erst wenn es zu spät ist. Das muss ein Gendefekt sein, irgendetwas stimmt da nicht.

Also, wofür müssten wir auf die Straße? Gegen die Gesundheitsreform?

Genau da gegen! Denn was bei uns in Deutschland unter dem Etikett der „Gesundheitsreform“ läuft, ist nichts anderes als der Ausverkauf, die völlige Auflösung unserer solidarischen Gesundheitsversorgung. Seit Jahren machen Politiker aller Fraktionen Gesetze, mit denen sie bestimmten Konzernen zuarbeiten, Kapitalgesellschaften denen es nur noch um Gewinnmaximierung geht, und nicht um den kranken Menschen. Die Ärzte werden gleichzeitig an einem langen Band von staatlichen Stellen gegängelt, und mit Zwangsmitgliedschaften bei Kassenärztlichen Vereinigungen versklavt. Das mache ich nicht länger mit! Ich habe eine Bürgerinitiative gestartet und werde einen Volksentscheid durchsetzen, gegen diesen politischen Wahnsinn, den die da entschieden haben.

Den Kassenärztlichen Vereinigungen wird doch gerade aus der Politik oft vorgeworfen, sie seien Kartelle, die den Wettbewerb blockieren. Das klingt doch eigentlich nach Protektionismus zugunsten der Ärzte?

Keinesfalls. Wie die vorgehen, das erinnert eher an die Cosa Nostra. Alle niedergelassenen Ärzte, die Kassenpatienten behandeln, müssen sich einer Kassenärztlichen Vereinigungen anschließen, die dann für sie die Honorare mit den Kassen aushandelt. Aber die KV agiert eben nicht im Interesse ihrer Mitglieder, sondern muss als Körperschaft des Öffentlichen Rechts die Gesundheitsrichtlinien der Regierung durchsetzen. Und die, wie gesagt, ist gerade dabei unsere Gesundheitsversorgung zu verscherbeln. Ein Ergebnis ist, dass Ärzte aus eigener Tasche das zurückzahlen müssen, was sie zuviel für Patienten ausgegeben haben. Krebspatienten zum Beispiel, die zeitintensive Behandlungen und regelmäßige Medikamente brauchen, sind damit geradezu ein Existenzrisiko für die behandelnden Ärzte. Oder nehmen sie einen anderen Fall, der in meinem Buch steht und kürzlich in den Tagesthemen war: Ein Arzt der jetzt über 100.000 Euro Regress hat, weil er allen behinderten Kindern im Umkreis das verschrieben hat, was sie brauchen. Und wenn wir behinderten Menschen das vorenthalten, was ihre Lebensqualität steigern könnte, dann haben wir als Gesellschaft versagt!

Sind also die Kassenärztlichen Vereinigungen selbst im Schwitzkasten der Politik?

Je mehr ich recherchiere, desto deutlicher zeigt sich, dass es den KV’s vor allem um Geld und Macht geht. Sie streichen Unsummen von den Ärzten ein, 2,5 % von deren Bruttoumsatz, schädigen Ärzte über Regresse und lassen sich nicht in die Karten schauen. Das alles, weil es ihnen der Gesetzgeber ermöglicht. Und dann gründen sie ohne Skrupel GmBH’s und CoKg’s auf Aktienbasis oder Stiftungen um ihre persönlichen Existenzen und Einnahmen für die Zukunft zu sichern. Um den Patienten geht es dort kaum noch jemandem. Was Ärzte wegen ihrer notwendigen Behandlung am Patienten zu hören bekommen, sagt viel über die Einstellung einzelner KV- und Kassen Fürsten: „Mit 92 braucht man keine solche Behandlung mehr,“ oder: „Wieso wollen sie da noch groß was machen, bei dem Krebskranken, wenn der eh stirbt?“ Das heißt im Klartext: Gib ihm weniger, dann haben wir den schneller von der Backe! Ich weiß, dass es solche Aussagen gibt, ich habe mit dutzenden von Ärzten darüber diskutiert, die ähnliches gehört haben. Auf der ganzen Welt gibt es keine Kassenärztliche Vereinigung, nur in Deutschland. Eine für den Bund, dann noch 16 einzelne für die Länder, und jede hat Vorstände, die im Schnitt zwischen 220 und 300 Tausend Euro im Jahr verdienen. Noch Fragen?

Neben dem Kartell der KV’s kritisieren sie vor allem die Öffnung der Gesundheitsversorgung für die Wirtschaft. Besteht nicht die Hoffnung, dass der Markt langfristig die Gesundheitsversorgung besser und effizienter gestaltet, als es die schwerfällige Verwaltung des Staates getan hat?

Also, ich bin keine Linke und komme jetzt mit irgendwelchen sozialistischen Parolen! Aber wir dürfen als Menschen und Patienten nicht rationiert werden. Wir zahlen als Kassenpatienten immer mehr, und bekommen immer weniger. Und umso älter und kränker wir werden, umso schlimmer geht’s uns. Von Effizienz kann keine Rede sein. Unter dem Einfluss der Wirtschaft wurden beispielsweise gerade 19 Milliarden in die elektronische Gesundheitskarte gesteckt. Und wer profitiert davon? Zuerst einmal die Lobbyisten. Die haben die Politik davon überzeugt das Geld auszugeben, mit dem Argument wir bräuchten dann keine Doppeluntersuchungen mehr. Da kriege ich ja einen Lachanfall! Stellen sie sich mal vor wie lange das braucht, bis 19 Milliarden sich amortisieren! Wer wirklich davon profitiert, sind die beteiligten Firmen, wie Siemens und einige IT-Firmen, insgesamt etwa fünf Unternehmen! Das ist, als würden sie morgen die Elbe umleiten, damit fünf Schiffe Gewinn machen.

Sie sagten einmal, bei uns findet eine Amerikanisierung im Gesundheitswesen statt. Was heißt das konkret?

In den USA wird man praktisch nur noch versichert, wenn man jung und gesund ist. Bestimmte Krankheiten werden gar nicht mehr versichert. Deshalb gibt es fünfzig Millionen unversicherte Amerikaner. Deren komisches System der „Integrierten Versorgung“ führt dazu, dass der Kranke betteln, weinen und auf Knien rutschen muss, damit ihn überhaupt noch eine Versicherung nimmt. „Integrierte Versorgung“ heißt: Praktisch das gesamte System ist in der Hand eines Aktiennotierten Unternehmens. Wer dort versichert ist, dem wird der Arzt vorgeschrieben – ein Angestellter des Selben Unternehmens, der meist am Gewinn beteiligt ist. Der Gewinn wiederum erhöht sich, je weniger für den Patienten geleistet wird. Auch das vorgeschriebene Krankenhaus gehört dem Unternehmen: Pech für den, der einen Notfall weit weg von einem solchen Krankenhaus hat: Möglich, dass sie schon tot sind, wenn sie dort ankommen. Das alles ist übrigens kein Horrorszenario, sondern in den USA längst Realität. Kein Wunder, denn was wollen Kapitalgesellschaften? Gewinn machen! So wird der Mensch zum Teil der Wertschöpfungskette, und damit zur Ausbeutung freigegeben

Und wenn ich sehe, wie unsere Gesundheitspolitiker regelmäßig in die USA reisen, um sich das dortige System anzuschauen, dann werde ich schon stutzig. Insbesondere nachdem sie mehrmals das dortige Krankenversicherungsunternehmen Kaiser Permanente besucht haben, und deren Vertreter auch schon in Deutschland bei Politikern vorstellig wurden.

Sie sprechen von dem Konzern, an dem Michael Moore in seinem Dokumentarfilm „Sicko“ kein gutes Haar lässt.

Genau von dem. Und alle pilgern sie zu Kaiser Permanente in die Staaten: Zuerst Ulla Schmidt 2007, und im Mai 2008 Gesundheitspolitiker aller Fraktionen! Kaiser Permanente gehört heute zu den weltweit größten Versicherungsanbietern der integrierten Versorgung, exakt die Art Konzern, von dem ich eben sprach. Der Laden ist ein Eisbrecher für die Umsetzung amerikanischer Zustände in Deutschland. Unsere Politiker steuern durch ihre Gesetzgebung und dem Ruf nach dieser integrierten Versorgung seit Jahren schon genau dorthin!

Wie äußert sich das?

Schauen sie sich doch einmal um: Das erwähnte Beispiel Krebserkrankung. Bestimmte Krebsmittel zahlt die Kasse einigen Krebskranken gar nicht mehr. Im Klartext: Sie können Krebs haben und vom Arzt extrem geringe Überlebenschancen attestiert bekommen, dann haben sie einfach Pech gehabt: Es wird gar nicht erst versucht, sie wieder gesund zu kriegen. Aber Krankheit und Armut können jeden treffen. Darüber müssen wir uns klar sein, und eine Antwort auf die Frage nach dem richtigen Umgang damit finden. Und wir dürfen es nicht auf der Ebene diskutieren, wie es der ehemalige Hamburger Justizsenator Kusch tut, wenn er im Fernsehen die Sterbehilfe in einem Tonfall diskutiert, als ginge es um auszuwechselnde Glühbirnen! Da dreht sich mir der Magen um. In so einer Gesellschaft möchte ich nicht, dass meine Enkelkinder groß werden: Deshalb wehre ich mich und ich bin längst nicht mehr allein!

Der Zustand unseres Gesundheitssystems ist für sie also ein sichtbares Symptom einer tiefer liegenden Haltung unserer Gesellschaft zum Menschen und seiner Würde?

Absolut. In dieser Gesundheitsdiskussion zeigt unsere Gesellschaft ihre Fratze. Wenn ich mir vorstelle, dass eine Frau in Würzburg sich von einem Selbstdarsteller wie diesem Kusch beim Sterben filmen lässt, mit dem einzigen Argument, dass sie Angst vor dem Pflegeheim hat! Wie weit wir gekommen sind, dass ein allein stehender Mensch mit 79 Jahren absolute Panik bekommt, beim Gedanken nichts mehr wert zu sein. Der Mensch wird bewertet, nach dem was er für die Gesellschaft leistet.

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Call-Center die DAK und der Bayernkurier!

Healthways ist der größte Anbieter von Betreuungsprogrammen für chronisch Kranke in den USA. Das Unternehmen ist in Deutschland angekommen und bietet seine Dienstleistungen für Versicherte Deutschen Krankenkassen an.

Healthways fungiert als Dienstleister, etwa im Auftrag einer Krankenkasse – in Bayern und Baden-Württemberg schloss die DAK einen Vertrag mit Healthways. Nur bei Anruf spricht der Patient – statt mit seiner Krankenkasse wie der Anrufer angibt – mit dem Personal von Healthways! Der Kranke bekommt online abrufbare Informationen zur Verfügung gestellt; ein Betreuer ruft den chronisch Erkrankten regelmäßig an. Der Spaß heißt in Fachterminologie „telefonbasierte medizinische Betreuung“ und ist in den USA seit langem üblich. Für Wirtschaftsminister Ulrich Junghans ist das nur der Beginn einer neuen Ära im Gesundheitswesen: „Die Life-Sciences-Branche in Berlin- Brandenburg hat sich zu einem Markenzeichen der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg entwickelt. Healthways wird dazu beitragen, dass diese Marke noch stärker wird. Ich bin froh darüber, dass es gelungen ist dieses weltweit agierende Unternehmen von einem Standort in Brandenburg für sein erstes deutsches Servicezentrum zu überzeugen. Dass die deutsche Zentrale dieses Globalplayers auf dem Gebiet der Life Sciences in Henningsdorf entsteht, ist ein schöner Anfangserfolg“.

„Invest in Germany“ (Im Aufsichtsrat: Bundeswirtschaftsminister Michael Glos) sowie die Vorgängerorganisation, „Industrail Investment Council“ (IIC), begleitete den Ansiedlungsprozess von Healthways. Die Standort- Marketinggesellschaft der Bundesregierung war bei der Auswahl eines Standortes behilflich. Elmar Horn, Seniormanager bei „Invest in Germany“ und Projektleiter der Healthways-Ansiedlung nennt es so: „Dienstleistungen in Gesundheitswesen, wie Healthways sie anbietet, haben in Deutschland großes Potenzial. Diese Investition markiert den Anfang einer wachsenden Zahl von Dienstleistern in dieser Branche. Sie unterstützen chronisch Kranke und verbessern die Behandlungsergebnisse für den Patienten. Gleichzeitig ermöglichen sie den Krankenversicherungen eine noch effiziente Arbeit. Deutschlands demografische Entwicklung macht eine Ausweitung patientenbezogener Investitionsbedingungen am Standort Deutschland sehr attraktiv für Unternehmen.“

Man sieht: Healthways wurde von den staatlichen Fördergesellschaften geradezu der rote Teppich ausgelegt. So hat auch die Wirtschaftsfördergesellschaft des Landes Brandenburg, die Zukunftsagentur Brandenburg GmbH (ZAB), die helle Freude daran, dass sich dieses amerikanische Dienstleistungsunternehmen in Deutschland etabliert. Für Dr. Detlef Stronk ist die Eröffnung des Service Zentrum von Healthways mit Sitz in Nashville im USA-Bundesstaat Tennessee das Ergebnis einer klugen Förderpolitik. „Was Unternehmen anzieht, sind qualifizierte und bezahlbare Arbeitskräfte sowie die Unterstützung der öffentlichen Hand.“ 100 Arbeitsplätze, am Horizont sogar 250! Dass es so was noch gibt, eine Boombranche! Da kann man schon einmal das Hirn abstellen.

Der Wirtschaftsminister sieht die neu geschaffenen Arbeitsplätze, bucht sie für sich als politischen Erfolg. Die Wirtschaftsförderungsgesellschaft, die so genannte Zukunftsagentur, sieht ihre Vorteile in der Unterstützung regionaler Struktur durch die öffentliche Hand. Die DAK, eingeschnürt in das politische Gesetzesgestrüpp, handelt durch den Druck, den ihr das Wettbewerbsverstärkungsgesetz bereitet hat. Und wo bleibt der Mensch? Wo bleiben wir als Patienten und Bürger?

Ich habe für mich das Wort Bürgerpatient geprägt – weil ich nicht länger ein Objekt bürokratischer Verteilungskämpfe sein möchte. Ich habe eine Stimme, ich habe demokratische Rechte – und ich finanziere das Ganze mit. Ich erwarte Dienstleistung und Transparenz. Ich will wissen, was mit unseren Beiträgen passiert, wie die Kassen sie einsetzen, mit wem sie Geschäftsbeziehungen eingehen, welche Folgen das für uns hat. Eine Politik und ein Funktionärswesen, das permanent von und über uns in subhumanen Kategorien denkt, muss nichtmenschliche Folgen haben. Warum hat die DAK ihren Patienten vor Vertragsabschluss nicht die Möglichkeit der Einsicht oder Mitentscheidung gegeben; man hätte doch per Umfrage eine Patientenmeinung einholen können?

Weil wir als Menschen, Bürger, Patienten dort noch nicht angekommen sind. Man geht mit uns um wie mit stummer, freilich zahlender Verfügungsmasse. Bei einem meiner Vorträge vor Ärzten zum Thema kassenärztliche Vereinigung spottete ich: „Sie müssen aufpassen, dass sie mit ihrer Zwangsmitgliedschaft in der kassenärztlichen Vereinigung nicht ihre eigene Existenzvernichtung finanzieren!“

Vor Callcenter im Gesundheitswesen kann ich nur warnen. Wir finanzieren mit unseren Beiträgen Geschäftsbeziehungen der Kassen (in diesem Fall Healthways/DAK), die exakt das Gegenteil der Wirklichkeit herstellen, die wir als Beitragszahler haben wollen. Wir wollen, dass unser Geld in eine direkte Dienstleistung beim Arzt unseres Vertrauens fließt. Stattdessen fließt unser Geld in eine amerikanische Firma, die uns von Ärzten fernhält. So startete die DAK das Gesundheitsprogramm „DAK – Pro Gesundheit, besser leben!“ Ein extra Team nimmt sich der Sache an, und seit Januar 2008 bekommen Patienten einen Brief von ihrer Kasse, der an Bemäntelung, Schönsprech nichts zu wünschen übrig lässt:

Nach meiner intensiven Beschäftigung mit den Themenkomplexen Gesundheitskarte, Datenspeicherung, Datentransfer, sowie mit den daraus resultierenden Gefahren, gehen bei mir alle roten Lichter an, wenn ich dergleichen lese. Ihre (Gesundheits-) Daten gehen nur Sie etwas an und den Arzt, dem Sie Ihr Vertrauen schenken. Dort werden Sie durch das Arztgeheimnis geschützt. GG § 1: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Das heißt auch: Seine intimsten Daten sind unantastbar! Schlagen Sie jedem auf die Finger, der Ihre Daten will.

Die Kasse hat alles fix und fertig vorbereitet; sie hat sogar schon den Namen, das Geburtsdatum, sowie die Versicherungsnummer eingedruckt. Und was soll der Patient und Beitragszahler noch beisteuern? „Hiermit erkläre ich meine Teilnahme an dem Gesundheitsprogramm ‚DAK – Pro Gesundheit, besser leben’. Die Teilnahme beginnt nach Unterzeichnung dieser Teilnahmeerklärung. Ich stimme der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung meiner Daten zum Zwecke der Programmumsetzung und Auswertung zu. Die Erläuterungen dazu (siehe Rückseite) habe ich gelesen. Diese Erklärung kann ich jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. Hieraus entsteht für mich kein Nachteil. Datum, Unterschrift des Versicherten bzw. des gesetzlichen Vertreters“.

Na sauber, denke ich, sie haben tatsächlich an alles gedacht, selbst an den gesetzlichen Vertreter. Also gilt dieses Programm auch für Kinder, Jugendliche und Menschen, die nicht mehr selber für sich entscheiden können.

Richtig, Integrierte Versorgung beinhaltet alles! Ich suche wie ein Kriminalist nach dem Motiv, irgendetwas muss ich übersehen haben. Wo bitte steht, dass es die Firma Healthways ist? Nirgendwo. Wenn wir genau hinschauen, dann muss es einen Grund haben, weshalb in keinem der Schreiben der DAK steht, dass der Anruf von Healthways kommt – im Auftrag der DAK! Dies wäre die juristisch einwandfreie Formulierung. In meinem Buch „Der verkaufte Patient“ habe ich im April 2008 geschrieben: Es wird Zeit, dass sich der Datenschutzbeauftragte der Bundesregierung auch um diesen Fall DAK kümmert!

Inzwischen wurden meine Recherchen sogar durch Aussagen eines Mitarbeiters des Dienstleistungsunternehmens bestätigt. Auf einem Aktionstag des Hausärzte Plus e.V. am 14.06.2008 im Kino Mühldorf erläutere Gerhard Eiselen von der Healthways GmbH: „Wir sprechen chronisch erkrankte Menschen an, die entweder eine chronische Lungenerkrankung haben oder Diabetes Mellitus oder eine chronische Herzkrankheit.“ Jemand aus dem Publikum wollte wissen: „Woher wissen Sie, dass die das haben?“ Gerhard Eiselen: „Die Daten, die wir dafür kriegen, kriegen wir von der DAK.“

Na also! Da ist sie ja, die Wahrheit, mit der die DAK auf meine Nachfragen nicht herausrücken wollte. Kein DAK Patient hat bei seiner Unterschrift unter das neue DAK Programm erfahren, dass er durch Mitarbeiter des Dienstleitungsunternehmen Healthways angerufen wird, auch nicht, dass seine Daten an dieses Dienstleitungsunternehmen weitergereicht werden. Für mich ist das arglistige Täuschung des Versicherten. Hier liegt ein wichtiger Ansatz zur öffentlichen Diskussion!

Immer mehr Patienten schicken mir ihre Unterlagen zur Information. Ein Unternehmer im Ruhestand, herzkrank, ruft mich an und bringt es auf den Punkt: „Eigentlich wollte ich die Unterlagen sofort in den Reißwolf stecken. Die halten mich wohl für dumm. Seit Jahrzehnten bin ich bei dieser Kasse versichert. Aber was bitte soll jemand am Telefon besser machen als mein Arzt um die Ecke? Wenn mein Herzschrittmacher Probleme bereitet, dann rufe ich meinen Hausarzt, der kennt mich – meine Krankheit – meine Lebensumstände – und wenn ich kann, bin ich in fünf Minuten bei ihm. Soll ich jetzt in Zukunft im Callcenter anrufen und sagen – mir geht’s schlecht? Ich hab mich mit der Dame am Telefon unterhalten, sie nach ihrer medizinischen Ausbildung gefragt. Wollte wissen, was sie mir über meine Herzkrankheit sagen kann. Was ich essen soll? Dass ich mich bewegen muss? Dass ich auf mich achten muss? Liebes Mädchen, habe ich zu ihr gesagt, das hat mir alles mein Arzt erzählt und ich werde von ihm engmaschig auf Grund meiner Herzerkrankung betreut!

Ich empfinde diese Telefoniererei eher als Störung. Bitte lassen Sie es in Zukunft sein. Ich werde dieses Ding nicht unterschreiben.“ Er hat nicht unterschrieben.

Wilfried Erbe (von der DAK), Axel Munte und Gabriel Schmidt (von der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern) , Michael Klein (von Healthways). waren zusammen gekommen um die DAK-Initiative Anfang 2008 vor der Presse kund zu tun. Dr. Gabriel Schmidt (KVB): „Der Gesetzgeber bietet den Krankenkassen nun einmal die Möglichkeit für solche Vorhaben. Deshalb bringen wir uns als Vertreter der Ärzte und Psychotherapeuten…“

Call-Center die DAK und der Bayernkurier! Read More »